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Jérôme Nr. 27

JÉRÔME FEUILLETON Veranstaltungen haben die grauen Köpfe eine satte Zweidrittel-Mehrheit. Auf der Bühne steht ein Bild von Jacob Grimm, was den Preisträger freut, der sich dem Namensgeber sehr verbunden fühlt: Jacob Grimm war Märchenonkel nur im Nebenberuf, vor allem aber „ein politischer Kopf“, aus dessen ungeschminkten Äußerungen Härtling die Vision einer „genauen und be- stimmten Rede“ ableitet: „Keine Rede darf zur Ausrede werden.“ Humorige Laudationes und Dankreden Bitte sehr: Einer der fünf Leuchter über der Büh- ne ist kaputt. Mehrmals wird die frühere Bundes- justizministerin Brigitte Zypries begrüßt, die gar Zwischen Stadtverordnetenvorsteherin Petra Friedrich und Oberbürger- nicht da ist: Ihr leerer Stuhl mit Namensschild meister Bertram Hilgen trägt sich Peter Härtling ins Goldene Buch ein steht schräg vor meinem. Musik von einem Vo- kalensemble, siebenköpfig wie die Jury, sehr ge- tragen. (Ich bin wahrscheinlich ein Barbar, aber Peter Härtling, Träger des ich hasse Schubert-Lieder; über Schubert hat Jacob Grimm-Preises Härtling übrigens auch geschrieben.) Die Lauda- Deutsche Sprache, tiones und die Dankreden dann durchaus humo- bei seiner Dankrede rig, der Laudator auf das Internetportal „Was hab ich?“, ein Professor aus Lübeck, führt vor, was für grauenvolle Dinge man mit der deutschen Spra- che auch anstellen kann: Reinstes Ärztechine- sisch, völlig unverständlich. Auf www.washabich. de kann man sich das von über 600 Medizinstu- denten und Ärzten kostenlos übersetzen lassen, Fotos: Mario Zgoll wirklich eine tolle Idee von ein paar Dresdner Studenten, die inzwischen auch international nachgemacht wird. Zum Beispiel so: „Ein Bypass ist eine Umgehungsstraße für ein gesperrtes Stück Autobahn.“ Armin Maiwald weist darauf hin, dass es die Sendung mit der Maus schon seit KOMM. Dn scgibtßnittrhles KriachZudrürsonederddi39 Jahicen-r-emaskddsaens-,hrggbulturenanlasssscdge Lseles Kärtliiade HgmbnrhkrieauertriaceuPN Kträgaen;ivhdmenesceuPrdmme. Fhons-eikgreerdepren Krtlteswürdige Sesen nacrltnahrsae eecscmtaltdiwutklie,esahecoe, „scAllhrtthGra.cses De1ihgteurl97eins1ilipresa rettung“. Als der junge Härtling seinem Pfarrer verkündete, Gott sei tot, meinte dieser: „Das musst du ihm schon selber sagen.“ Ja, die Spra- che. Goldenes Buch und zähe Brötchen Anschließend trug der Preisträger sich im Gesell- schafts- und Bankettsaal ins Goldene Buch der Stadt ein, und es gab ein Büfett von einem be- che, dem Internetportal „Was hab ich?“; daneben Schöck hervor, wie Baden-Baden, wo seine Stiftung nachbarten Hotel. Belegte Brötchen, die entwe- Eberhard Schöck von seiner gleichnamigen Stif- sitzt, die Preisverleihung mal abwerben wollte, wes- der nichts taugten oder von gestern waren – je- tung, dem zweiten Preisverleiher; gefolgt von Hel- halb Hilgen eiligst dorthin raste, um die Sache ab- denfalls so zäh, dass die Sache Hubertus Meyer- mut Glück, dem Jury-Vorsitzenden, Professor aus zubiegen. Jurychef Glück äußerte abschließend Burckhardt aus der Hand und auf sein Jackett Bamberg (das ist Zufall), rechts neben Härtling Ar- selbstlobend, dass seine Jury „immer drei Preisträ- glitt, als er hineinbiss und verzweifelt daran zog. min Maiwald von der Sendung mit der Maus, Trä- ger findet, die überhaupt nicht zusammen passen.“ Gerade hatte er verkündet, sich mit seiner Beglei- ger des Institutionenpreises Deutsche Sprache; Da ist was dran: Einer der angesehensten Schrift- tung gleich ins Kasseler Nachtleben stürzen zu ganz rechts der Gastgeber, Oberbürgermeister steller der Republik, ein paar Medizinstudenten wollen. Zum Glück konnte der Schaden schnell Bertram Hilgen. Und dann kam keine einzige Fra- und eine Kindersendung, und alle haben sich er- beseitigt werden. ge. Na ja, die Pressemappe war sehr umfangreich. wiesenermaßen um die „Erhaltung und die kreati- Der Autor dieser Zeilen tappte schließlich, verzwei- ve Entwicklung der deutschen Sprache“ verdient Zuvor im Festsaal hatte Jurychef Professor Glück felt um Rettung bemüht, ins Fettnäpfchen, fragte gemacht. noch von einer „Liebesbeziehung zwischen unse- den OB, wieso der Preis gerade hier vergeben wird, rem Preis und Ihrer Stadt“ geschwärmt. „Elf Jah- und handelte sich eine längere Ausführung über Märchenonkel nur im Nebenberuf re alt, da kann man langsam an so was denken.“ die Bedeutung Kassels für die Brüder Grimm ein. Defilee in den goldblauen Festsaal, nicht ganz Solange Liebe nicht durch den Magen geht. Aber Das lockte immerhin eine Anekdote von Eberhard voll, die Pressereihe leer, wie immer bei solchen besser werden kann alles. www.jerome-kassel.de 31


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