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Mit ihrer eigenwilligen Architektur erinnert die Firmenzentrale in den Melsunger Pfieffewiesen zuweilen an eine Trutzburg voraus GEDACHT 52 www.jerome-kassel.de JÉRÔME WIRTSCHAFT Immer weit Hätte man in jenem Jahr 1839 dem jungen Julius Wilhelm Braun gesagt, dass aus seiner eben erst erworbenen Rosen- Apotheke einmal ein Weltkonzern werden würde, er hätte es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht geglaubt. Nicht, dass Braun nicht Größeres vorgehabt hatte. Immerhin erweiterte er das Melsunger Geschäft um einen Versandhandel und verschickte heimische Heilkräuter an Heilungssuchende. Julius’ Sohn Bernhard aber war es, der 25 Jahre später die väterliche Apotheke übernahm und die ersten Pharmaerzeugnisse in Heimarbeit herstellte. Migränestifte und Pflaster wurden zur Keimzelle jenes Unternehmens, das heute Weltgeltung besitzt und stolze 50.000 Mitarbeiter aufweist. B wie Bernhard Das voran gestellte „B“ im Firmennamen entstammt wohl Bernhards Vornamen. So kann man es aus dem Eintrag im Handelsregister deuten, in die der Apotheker sein junges Unternehmen eintragen ließ. Die nette Legende, nach der er das B wählte, da er die Herstellung pharmazeutischer Produkte als zweites Standbein sah und deshalb als B apostrophierte, ist nicht belegbar. Wie auch immer: das Unternehmen B. Braun war geboren. Im Zug schlug das Schicksal zu Als Bernhards Sohn Carl im Jahr 1900 die Apotheke übernahm, hatte er noch acht Jahre als Apotheker vor sich, bevor ein glücklicher Zufall alles änderte. Im Speisewagen jenes Zuges, mit dem er aus Köln vom Treffen der Ärzte und Naturforscher wieder nach Hause fuhr, kam er mit einem Mediziner ins Plaudern. Dr. Franz Kuhn war der Chefarzt des Kasseler Elisabeth-Krankenhauses, und er hatte ein Verfahren entwickelt, mit dem man aus Hammeldarm Katgut herstellen konnte, ein steriles, medizinisches Material zur Vernähung von Wunden. Der Vorteil dieses Fadens war, dass er vom Körper aufgenommen wurde und nicht mehr entfernt werden musste. Braun und Kuhn wurden Partner und stellten das neue Nahtmaterial gemeinsam her. Heute wird Katgut aus hygienischen Gründen nicht mehr eingesetzt; im Jahr 1908 bildete es die Grundlage für den heutigen Konzern. Aufstieg im rasenden Tempo Selbst nach heutigen Maßstäben ging dann alles schnell. Blutdruckmessgeräte und chirurgische Schienen machten 1914 den Anfang, kurz darauf erschien mit den „Melsunger Medizinischen Mitteilungen“ so etwas wie die erste Hauszeitung. Der Innovationen war kein Ende. Die eigene Betriebskrankenkasse wurde gegründet und im Jahr 1925 in Mailand die erste ausländische Niederlassung gegründet. Mit Sterofundin hält eine der ersten aller Infusionslösungen Einzug in die Krankenhäuser, und mit Synthofil A wird die nicht resorbierbare alternative Weiterentwicklung des Katgut entwickelt. Als das Unternehmen, mittlerweile unter der wis- Von Ralph-Michael Krum Fotos: B. Braun Vom Kräuterversand zum Milliardenunternehmen – der Medizinkonzern B. Braun feiert seinen 175. Geburtstag


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