Ewald Griesel: Mein Kassel – eine Stadt mit Ausrufezeichen!

Im Alter von sechs Jahren wurde ich 1952 Großstädter. Die Zerstörungen Kassels nahm ich damals kaum wahr. Viel mehr beeindruckten mich der quirlige Verkehr, die großen Geschäftshäuser am Ständeplatz, die schon entstandenen Wohnquartiere wie auch unser Neubau-Wohnblock in der Unterneustadt mit Balkon. In Melsungen, wo wir bisher wohnten, war alles ganz anders.

Ewald Griesel neben seinem Vater beim Sonntagsspaziergang mit der Familie über das Gelände der Bundesgartenschau 1955. Im Hintergrund die Orangerie. Foto: Privat

Ewald Griesel neben seinem Vater beim Sonntagsspaziergang mit der Familie über das Gelände der Bundesgartenschau 1955. Im Hintergrund die Orangerie. Foto: Privat

Ich wurde also groß in einer Großstadt! Zugegeben, richtiger sollte es heißen: „Ich wuchs auf in einer von mir als groß empfundenen Stadt.“ Aber so rational dachte ich nicht. Mir gefielen die Ausrufezeichen, denn auf die war ich mächtig stolz: Treppenstraße – einmalig! Altmarktkreuzung – vorbildlich! Bundesgartenschau 1955 – unvorstellbare Blütenpracht! An der „Terrasse“ – ein echtes Hochhaus! Kaskade-Kino – sensationell! Königsstraße – Wunderwelt! Staatstheater – so also ist „modern“! Neben meiner Schule am Holländischen Platz – Lokomotiven dampfen hinaus auf Strecken in aller Welt!

Ich registriere ständig: Wieder ein Trümmergrundstück bebaut! Wieder eine Baulücke geschlossen! Tolle Straßen, komfortable Straßenbahnen!

Erwachsen und Ruheständler geworden, stelle ich fest: Mir sind sie niemals ausgegangen, die stolz machenden Kasseler Ausrufezeichen! Und 2013 „hagelt“ es so viele !!!! wie noch nie!

Ewald Griesel
ehem. Direktionsbeauftragter der Kasseler Sparkasse und
Vorsitzender des Vereins “Technik-Museum Kassel”

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