Perscheids Abgründe

Bei Martin Perscheid kriegt jeder sein Fett weg – doch sind seine Cartoons dabei niemals nur bösartig, niemals eindimensional. In seinem tiefsten Innern ist Martin wohl ein Menschenfreund. Seinen Zeichnungen haftet immer auch zugleich etwas Liebevolles an. Vielleicht kommt das aber auch nur von der Liebe zu seiner Arbeit. Schon als Kind wollte Martin Perscheid Maler werden. Als Fünfjähriger soll er zu seinen Eltern gesagt haben: „Wenn ich Geld brauche, male ich ein Bild, und sonst spiele ich mit den Kindern.“ Seine erste Cartoonveröffentlichung war denn auch eine Kinderzeichnung, die sein Vater in die heimische Tageszeitung klebte – wenngleich das nicht ganz das war, was er sich vorgestellt habe, so Perscheid. Aber sein Vater habe es sicherlich gut gemeint.

Martin Perscheid.

Martin Perscheid.

Vergleich mit Gary Larson
Lang, lang ist’s her. Mittlerweile ist Perscheid einer der erfolgreichsten Cartoonisten Deutschlands. Seine Zeichnungen erscheinen seit 1994 flächendeckend in deutschen Tageszeitungen, seit 1996 unter dem Titel „Perscheids Abgründe“. Und sie haben allesamt eines gemeinsam: Sie haben alle das gleiche Format – ein Hochformat mit schwarzem Rahmen. Perscheids Stil, der sich durch einen grafischen Minimalismus gepaart mit kräftig-konturierenden Outlines auszeichnet, erinnert entfernt an den amerikanischen Cartoonisten Gary Larson („The Far Side“). Diesen Vergleich empfindet Perscheid als großes Kompliment: „So wie sich Gary Larson auch geschmeichelt gefühlt haben dürfte, wenn man ihn immer wieder mit Gahan Wilson oder Charles Addams verglich.“

Ein Cartoon pro Tag
Üblicherweise zeichnet Perscheid, geboren 1966 in Wesseling bei Köln und dort geblieben, einen Cartoon pro Tag – von Montag bis Samstag. Sofern ihm seine beiden Söhne Zeit dafür lassen. Auf diese Weise kamen bis heute über 3.000 Zeichnungen zusammen. Und kein Ende in Sicht: „Ich werde wohl weitermachen, solange ich den Bleistift noch halten kann, bin aber freilich auch in der beneidenswerten Situation, dass mir meine Arbeit Spaß macht. Zudem ist nicht zu erwarten, dass in unserer immer verrückter werdenden Welt die Quellen der Inspiration versiegen werden.“

Rund zwanzig Bücher
Bevor er sich 1993 endgültig entschloss, Cartoonist zu werden, arbeitete er als Grafiker für Werbeagenturen in Köln und Düsseldorf – letztere mit einem Schwerpunkt auf den Bereich „Mode“. In diese Zeit fällt auch seine erste Cartoon-Veröffentlichung für Geld: „Trendman“. Schließlich schickte er eine kleine Sammlung von Cartoons an Verlage und Zeitungen. Mit Erfolg. Der Lappan Verlag hat von 1994 bis heute rund zwanzig Perscheid-Bücher veröffentlicht. Außerdem gibt es Postkarten und Plakate, zum Beispiel über Toiletten-Themen oder das Verhältnis zwischen den Geschlechtern.

Preisgekrönt
2002 erhielt Perscheid für seine „Abgründe“ den Max-und-Moritz-Preis in der Kategorie „Beste deutschsprachige Cartoon-Serie“. Zu seinen Fans gehören auch die ganz Großen der Zeichnerszene. F.W. Bernstein etwa sagt über Perscheids Arbeit: „Gleichbleibende sorgfältige Verarbeitung zeichnet seine Cartoons aus; es sind sichere Inszenierungen. Choreographie und Komposition der Figuren sind stets sach-, d.h. pointendienlich. Die Stärke der Karikaturen ist nicht die Erschütterung und Läuterung, die Katharsis. Auch nicht unbedingt jenes ‚Wohlgefallen‘, das Kant an der Kunst hat. Die Stärke der Karikatur ist die Komik, ihre Wirkung das Lachen. Und wie sie zu diesem Zweck beschaffen sein muss? Vor allem klar und deutlich. Wie die Zeichnungen von Martin Perscheid.“

Beste Bilder – Die Cartoons des Jahres 2016
Ausstellung: bis 19.2.2017
Öffnungszeiten: Di bis Sa 12 bis 19 Uhr und So, Feiertags 10 bis 19 Uhr
Ort: Caricatura – Galerie für Komische Kunst im KulturBahnhof, Rainer-Dierichs-Platz 1, 34117 Kassel
Kontakt: www.facebook.com/caricaturagalerie/www.caricatura.de

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