„Es geht um Atmosphäre!“

Pierre Schlosser, GrimmHeimat Nordhessen, zu Gastronomie auf hohem Niveau

„Der Gast ist König“ lautet das geflügelte Sprichwort. Gilt das auch in Nordhessen? Wie ist die Gastronomie in Nordhessen gerade für die anspruchsvolle Klientel aufgestellt? Pierre Schlosser, Projektleiter der GrimmHeimat Nordhessen, zieht im Interview eine aktuelle Bilanz.

Pierre Schlosser, Projektleiter GrimmHeimat Nordhessen. Foto: Mario Zgoll

Jérôme: Was ist der Schlüssel für Hotels und Restaurants, die einem hohen Anspruch genügen wollen?

Pierre Schlosser: Hingabe! Man merkt sehr schnell, ob die Gastgeberrolle ernst genommen wird, beispielsweise an der Qualität von Service und Lebensmitteln. Es geht nicht darum, satt zu werden, sondern vor allem um die Atmosphäre. Selbst ein kleines Landhotel kann sich durch ein stimmiges Gesamtbild gut positionieren, wenn regionale Produkte als heimische Spezialitäten serviert werden und dadurch eine Heimatverbundenheit erlebbar ist. In Österreich und Bayern ist das besonders ausgeprägt, die Chefs leben und repräsentieren das. Aber in Nordhessen gibt’s das auch.

Jérôme: … zum Beispiel?

Schlosser: Das Landhaus Bärenmühle in Frankenau hat Zimmer mit regionalspezifischen Themen, die Jausenstation Weißenbach stellt Lebensmittel selbst her und das Gasthaus Alt-Süsterfeld haben jetzt zwei junge Köche übernommen, die richtig Gas geben. Nicht zu vergessen die Hotels „Die Sonne“ in Frankenberg und „Hohenhaus“ bei Herleshausen, die sogar Michelin Sterne vorweisen können.

Jérôme: Wie relevant sind solche Auszeichnungen oder die Bewertung auf Online-Plattformen? Und hält die GrimmHeimat Nordhessen selbst auch ein Feedback nach?

Schlosser: Das Netz ist einer der wichtigsten Kanäle, die es überhaupt gibt. Ich selbst schaue mir auch Hotels auf den einschlägigen Portalen vorab an, wobei man die besten und schlechtesten Bewertungen besser ausblendet. Auf die Region bezogen machen wir in Abstimmung mit den Betrieben stichprobenartige Gästebefragungen, bekommen aber auch spontanes Feedback zu einzelnen Unternehmen.

Jérôme: Wie ist die Gastronomie demzufolge aufgestellt?

Schlosser: Wir müssen uns nicht verstecken. Es gibt ein gutes Netz aus empfehlenswerten und erfolgreichen Betrieben, die auch überall zu finden sind. Dahinter stehen verstärkte Investitionen in den letzten Jahren – gerade im ländlichen Raum. Natürlich findet man auch Negativbeispiele. Das sind aber auslaufende Modelle, die nicht die große Masse darstellen. Der Trend geht in die andere Richtung.

Jérôme: Woran machen Sie das fest?

Der nordhessische Gastgeber achtet sehr auf Details. Hier ein angerichteter Teller aus dem Landhaus Bärenmühle. Foto: nh

Schlosser: An harten Zahlen. In 2012 gab es touristische Umsätze von rund 2,5 Mrd. Euro, 80 Millionen Tagesgäste und 7,6 Millionen Übernachtungen, wobei der Umsatz pro Übernachtungsgast bei etwa 120 Euro lag. Dabei steigen seit 2005 die Zahlen der Gäste und auch der Besucher des Reiseportals www.grimmheimat.de kontinuierlich an.

Jérôme: Was macht denn die Attraktivität Nordhessens gegenüber anderen touristischen Regionen aus?

Schlosser: Mit unserer Vielfalt an Angeboten können wir auf höchstem Niveau mithalten. Wir haben eine intakte Naturlandschaft, die auf traumhaften Wander- und Radwegen oder auch während Kanutouren zu genießen ist. Hinzu kommen der Edersee für Wasser- und das Upland für Wintersportler. Daneben gibt es Kultur satt mit der documenta und einer der größten Museumslandschaften Deutschlands in Kassel sowie drei UNESCO-Welterbe-Stätten.

Jérôme:Wen spricht das vor allem an?

Schlosser: Familien und Best Ager, aber auch alle anderen Generationen. Gerade für Gastronomiebetriebe mit einem hohen Anspruch wird die Zielgruppe immer jünger. Zudem nützt uns die zentrale Lage bei Kurzaufenthalten für Familienfeierlichkeiten, zu denen aus allen Ecken Deutschlands schnell angereist werden kann.

Jérôme: … und das Echo über die Grenzen hinaus?

Schlosser: Zu 65 Prozent sind das Holländer. Nordhessen bietet ihnen den kompletten touristischen Gegenentwurf zu ihrer flachen und dicht bevölkerten Heimat und ist zudem nah. Aber auch Japaner und Amerikaner zählen zu den internationalen Gästen.

Jérôme: Was planen Sie für die Zukunft?

Schlosser: Es gibt bereits ein Netzwerk der besten privat geführten Hotels in der Region, die „Perlen der GrimmHeimat Nordhessen“. Das gilt es auszubauen und stärker zu bewerben. Darüber hinaus setzen wir auf Weiterbildung zwecks Qualitätssicherung und –steigerung. Aktuelle Beispiele ist seit 2010 die Fortbildung unter dem Titel „Die Märchenköche“, bei der es nicht um Kochkunst sondern um Kreativtechniken geht, oder auch ein Zusammenschluss kleiner Gastgeber in Willingen mit dem Ziel, sich besser am Markt zu positionieren.

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