Sag’ es mit Blumen: 20 Jahre Museum für Sepulkralkultur

Ist er’s oder nicht? Museumskustodin Ulrike Neurath-Sippel vor dem mutmaßlichen Skelett des Räuberhauptmanns „Schinderhannes“ (li.) und dem verbürgten seines Gefolgsmannes „Schwarzer Johannes“. Für den passenden Moritatengesang sorgt „Spielmann Volker“ (re.) von der Gruppe „Labsal“. Foto: Mario Zgoll

Ist er’s oder nicht? Museumskustodin Ulrike Neurath-Sippel vor dem mutmaßlichen Skelett des Räuberhauptmanns „Schinderhannes“ (li.) und dem verbürgten seines Gefolgsmannes „Schwarzer Johannes“. Für den passenden Moritatengesang sorgt „Spielmann Volker“ (re.) von der Gruppe „Labsal“. Foto: Mario Zgoll

Wir sind auf viele Menschen getroffen, die uns Leben eingehaucht haben, die uns Mut gemacht haben, die strengen Pfade wohltemperierter Pietät auch zu verlassen.“ Im Rückblick auf zwei Dekaden erfolgreicher Arbeit, mit bis zu 24.000 Besuchern jährlich, weiß sich Prof. Dr. Reiner Sörries, Direktor des Kasseler Museums für Sepulkralkultur, glücklich zu schätzen über den gewaltigen Zuspruch, den sein Haus in dieser Zeit erfahren hat. Insbesondere die produktive Einmischung der Museumsbesucher in die Themenfindung, der oft Rechnung getragen wurde, entwickelte sich dabei zur positiv verstärkenden Triebfeder: „Wir mussten ja gar nicht alles erfinden, weil wir ganz, ganz viele Anregungen eben von Menschen geschenkt bekommen haben.“ Eine derartige Entwicklung, eine solche öffentliche Aufgeschlossenheit dem Thema Tod und Sterben gegenüber, stand bis wenige Jahre vor Eröffnung des Museums noch völlig in den Sternen. Ermöglicht wurde diese erst durch die Mitte der 80er Jahre in Deutschland entstehende Hospizbewegung, die hier viele Türen öffnete, ein weitgreifendes Umdenken einleitete. Auch die Realisierung seines Museums, so Reiner Sörries, sei erst durch diese Bewegung politisch durchsetzbar geworden.

Galgen, Rad und Scheiterhaufen
Dass auch Henkern eine poetische Ader innewohnen kann, bezeugt das Richtschwert eines Linzer Scharfrichters aus dem 16. Jahrhundert: Neben dessen Namen – „Georg Sindhöringer obereimerisher Freyman“ – und seiner informativ abgebildeten Tätigkeit sind dort ebenfalls in aller Unschuld drei anmutige Blümchen eingraviert. Durchaus lukrativ konnte die mit einem solchen Schwert verbundene Tätigkeit offenbar auch sein, zumindest zu Hochzeiten der Strafverfolgung, wie etwa während der Hexenjagden oder im Dreißigjährigen Krieg. So gab es, laut einer überlieferten „Taxliste“ aus der Zeit um 1700, 2 Thaler für „Einem eine Maulschelle geben“, 5 Thaler für „Einem die Hand abzuhauen“, „Einen mit glühenden Zangen zwicken“ oder „Einen einzusacken oder zu ersäufen“, 7 Thaler 30 Kreuzer für „Einen mit dem Schwert hinzurichten“ und stolze 12 Thaler für „Einen zu vierteilen“.

Zu den Wermutstropfen muss hingegen gerechnet werden, dass die Ergebnisse des harten Berufslebens als Henker später nicht immer korrekt überliefert wurden. So weiß man heute etwa nicht mehr mit Gewissheit, ob das im Museum eindrucksvoll aufgebaute Räuber-Skelett tatsächlich das des als Johannes Bückler geborenen „Schinderhannes“ ist. Dieser begann seine Laufbahn zunächst ebenfalls vielversprechend als Henkershelfer, ehe er die Seiten wechselte und durch zahlreiche Schlägereien, Einbrüche, Erpressungen, Raubüberfälle und Morde in der Rhein-Main-Region zu trauriger Berühmtheit gelangte. Fest steht die Identität indes beim Skelett des „Schwarzen Jonas“, der Musikant und Bänkelspieler war, bevor er sich Bücklers Bande anschloss und schließlich 1803 gemeinsam mit diesem und weiteren 17 Bandenmitgliedern durch das Fallbeil starb. Neben einer scharfen Klinge zählte zu den weiteren Berufsinstrumenten des Henkers indes auch der Scheiterhaufen, dem etwa der Lemgoer Scharfrichter Johann Ernst Clausen soviel Bedeutung beimaß, dass er nach dem Ende der Hexenverfolgungen noch rasch eine Bauanleitung verfasste, auf dass diese liebgewonnene Tradition nicht in Vergessenheit gerate. Und sein Ansinnen fiel sogar auf fruchtbaren Boden: 2009 wurde einer von Clausens Scheiterhaufen plangetreu nachgebaut, vom Neanderthal Museum in Mettmann, auf dessen Konzept – um zahlreiche, insbesondere lokale Komponenten bereichert – die jetzt im Museum für Sepulkralkultur gezeigte Ausstellung fußt, die dort noch bis zum 28. Mai zu besichtigen ist.

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