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www.jerome-kassel.de 23 JÉRÔME REGION MIT HERZBLUT UND DIALOGFÄHIGKEIT GESTALTEN Kunst und Kommunikation Auch im Inneren des Hauses hat sich viel getan. Wie ein Ufo ist ein Saalkomplex im Innenhof gelandet. Der zentrale Saal, nach der Kasseler Juristin Elisabeth Selbert benannt, ist ellipsenförmig angelegt. Lichtdurchflutet, angemessen, aber nicht einschüchternd. Und im Treppenhaus ist eine Sorte Marmor verbaut, die auch im Empire State Building zu finden ist. Es lässt sich einiges erzählen rund um das Bundessozialgericht. Der Mann an der Spitze steht für die Öffnung des Hauses in jeder Hinsicht. Besuchergruppen sind willkommen, ebenso gibt es einen theologisch-juristischen Dialog im Haus mit zahlreichen Veranstaltungen. „Den Elfenbeinturm gibt es bei uns nicht“, sagt der oberste Sozialrichter des Landes. Richter, die im Bundessozialgericht in Kassel anfangen, seien meist um 45 Jahre alt und hätten alle als Tatsachenrichter bereits vielfältige Erfahrungen gesammelt, bevor sie sich mit den Grundsatzfragen des Sozialrechts befassten. Die Bereitschaft sich vielen Themen zu öffnen, dialogfähig zu sein, zu prüfen und durchzustehen, gehöre für einen Richter unbedingt dazu. Politisches Interesse und Dialogfähigkeit Für Jura entschied sich Peter Masuch, der 1970 in Hannover Abitur gemacht hat, dank eines großen politischen Interesses und der Lust mitgestalten zu wollen. Ein Lehrer gab ihm damals den Rat, dafür Grundlagen zu schaffen, das Recht als politisches Instrument genau dafür zu nutzen. Peter Masuch trat in die SPD ein, er folgte dem Rat und wählte den Reformstudiengang Jura in Bremen. Ziemlich schnell stellte sich heraus, dass das genau der richtige Studiengang für den jungen Mann war. Mit Herzblut sei er eingestiegen und dabei geblieben. Wichtig an seinem Beruf sei ihm das Gespräch mit den Menschen. Jeder, der ihn erreichen wolle, könne das auch. Nach wissenschaftlicher Mitarbeit beim Bundessozialgericht, folgte die erste Richterstelle beim Sozialgericht Bremen, später beim Landessozialgericht in Bremen. Weitere Stationen beim Bundesverfassungsgericht und beim Bundessozialgericht schlossen sich an. Herkules als Kraftquelle Als er zum Präsidenten ernannt wurde, sei er zum Herkules gegangen, um sich Kraft und Inspiration für die Antrittsrede zu holen, erzählt der gebürtige Niedersachse. Das passt zum sportlichen Auftreten des Präsidenten, der sicherlich zum Herkules gejoggt ist. Denn Laufen, Radfahren und Training im Sportstudio zählen zum Ausgleichsprogramm des Juristen. „Ich brauche einfach ganz viel Bewegung“, sagt der Vater von zwei erwachsenen Kindern. In Kassel lebt der Jurist nun seit 17 Jahren, damit sei Kassel die Stadt, in der er bisher am längsten verweilt habe, und: „Die Stadt gefällt mir.“ Von Petra Nagel Das Recht verständlich machen. Nur das schafft Vertrauen“, sagt der Präsident des Bundessozialgerichtes, Peter Masuch. Seit 2008 ist der gebürtige Westersteder Präsident des Bundessozialgerichtes in Kassel. Das Gericht hat 230 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, darunter 43 Richter und Richterinnen sowie zahlreiche Wissenschaftliche Mitarbeiter. Das Bundessozialgericht in Kassel ist neben Bundesarbeitsgericht, Bundesfinanzhof, Bundesgerichtshof und Bundesverwaltungsgericht einer der fünf obersten Gerichtshöfe des Bundes. „Die Sozialrichter des Landes schauen auf Kassel“, sagt Peter Masuch. Der Sozialschutz der Bürger werde über das Bundessozialgericht in Kassel gestaltet. Das trage natürlich auch zum Profil der Stadt bei. Kassel sei eine Stadt der Gerichte: Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Hessisches Finanzgericht, Sozialgericht, Verwaltungsgericht, Amtsgericht, Arbeitsgericht, Landgericht und Oberlandesgericht, alles da. Kassel, Stadt der Gerichte Das Bundessozialgericht befindet sich seit 1954 am Graf-Bernadotte-Platz, schräg gegenüber vom ICE-Bahnhof. Das monumentale, einschüchternde Gebäude ist vielen Bürgern noch als Generalkommando bekannt. Es wurde 1938 als Wehrkreisdienstgebäude eingeweiht und stand für die Architektur des Dritten Reiches. Den Krieg überstand das Haus unbeschadet. Als Kassel sich um den Sitz als Bundeshauptstadt bewarb, war der Bau einst als mögliches Kanzleramt und Parlamentsgebäude im Gespräch. Im Zuge des Umbaus und der Neukonzeption des Gebäudes wurde vor einigen Jahren nicht nur der Eingang auf die Südseite, hin zur Wilhelmshöher Allee verlegt. Auch ein Kunstwerk von Gabriele Obermeier „Das weiche Haus“ wurde vor dem Eingangsgebäude errichtet. Es bricht durch seine kleine, schiefe, filzartige Anmutung das Gefühl, der Architektur des großen Gebäudes ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Foto: Mario Zgoll


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