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Sei Du ganz Biene! Mit Verve ins Herz von Äpfeln und Artischocken: Andrea Nehring Von Jan Hendrik Neumann 26 www.jerome-kassel.de Fotos: Andrea Nehring: Privatarchiv Andrea Nehring Im Kosmos floraler, mithin von pflanzlicher Schönheit inspirierter Kunstschöpfungen ist er äußerst rar gesät: Der sich in ihnen manifestierende Brückenschlag zwischen allen Aspekten dieser Objekte künstlerischer Begierde, von ihrem äußeren Erscheinungsbild über ihr poetisches Potenzial bis hinunter in die letzten Tiefen der ihnen innewohnenden Molekularstrukturen. Denn dafür bedarf es sowohl einer fundiert künstlerisch-kunsttheoretischen wie auch einer intensiven naturwissenschaftlichen Ausbildung – eine Kombination, wie sie im realen Leben eher selten vorkommt. Als Biotechnologin und zugleich Bildende Künstlerin einer exakt solchen biografischen Linie entspringend, schöpft Andrea Nehring aus diesem reizvollen Fundus unterschiedlichster Parameter – mit oft faszinierenden Ergebnissen. Pflanzliche Objekte als Sujets in der Kunst – fürwahr, um mit Günter Grass zu sprechen, »ein weites Feld«, bei dem sich als Protagonisten wohl am naheliegendsten die aus Blumen, Obst und Gemüse geformten Kompositköpfe des Mailänder Spätrenaissance-Malers Giuseppe Arcimboldo (1526–1593) anbieten, der mit diesen assoziativ-allegorischen Porträts neben den Dargestellten nicht zuletzt der Natur ein (menschliches) Antlitz verleihen wollte. Auch Literatur und Lyrik bieten ein mit grünen Bezügen reich bestücktes Füllhorn, in dem sich sowohl die romantischen Schwärmereien eines Joseph von Eichendorff (1788–1857) finden, die „Wunder in Berg und Tal und Strom und Feld“ preisend, wie auch »Tistou mit den grünen Daumen« (1966) von Maurice Druon, dem französischen Schriftsteller und zeitweiligen Kultusminister. Eine ganz neue Dimension der Annäherung an die pflanzliche Welt – bis hin zu deren kreativer Einverleibung im Rahmen von Eat Art Experiences (»Happen und Happening«) – eröffnet indes die 1980 in Wittenberg (Sachsen-Anhalt) geborene Künstlerin Andrea Nehring, die zunächst von 1999 bis 2005 an der Universität Bielefeld Molekulare Biotechnologie studierte. Rätselhaftes im scheinbar Vertrauten Bereits hier, wo sie im Studienalltag eher mit Laborkitteln, Gewebeproben und Reagenzgläschen JÉRÔME FEUILLETON


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