Hitler als „Moorleiche“ Report enthüllt bisher unbekannte Kriegsverbrechen der Nazi-Zeit Den Schreibtisch seines Vaters, hinter dem er als Neunjähriger gehockt hatte, um die Gespräche der hochrangigen Nazis zu belauschen, hat Herbert Schäfer noch heute. Hohe Gestapo-Beamten waren es zu jener Zeit, die in dem Haus seiner Eltern an der luxemburgisch-belgischen Grenze ein und aus gingen. „Oft war von der ,Aktion Gnadenlos‘ die Rede“, blickt Schäfer zurück. Was sich dahinter verbarg, sollte er noch erfahren – und niemals vergessen. In seinem im Bernecker Verlag erschienenen Report „... bis der Hitler im Moor versank!“ hat er diese Erinnerungen erstmals niedergeschrieben. Hundertausende Reichsmark verstreut „Bis heute sehe ich die Bilder und höre sogar die Stimmen“, sagt der 79-jährige Autor beim Gedanken an diese längst vergangene Zeit. Die des gut gekleideten Juden vor allem, der am ersten Abend der Aktion mehrere hunderttausend Reichsmark aus der Tasche geholt und in die Luft geschleudert hatte: „Das haben Sie doch gewollt!“ Die anderen, ebenfalls in schicke Garderobe gehüllten Männer, hätten es ihm gleichgetan. Die Frauen seinen blass geworden dabei. „Eine halbe bis Dreiviertelmillion Reichsmark lag damals über den nassen Platz verteilt“, sagt Schäfer. Menschenunwürdige Untersuchungen Die Männer und Frauen, das waren jüdische Geschäftsleute, die sich in Richtung England absetzen wollten. Weitere sollten folgen. Sie wurden von bereits vorgewarnten Einheiten des deutschen Zollgrenzschutzes, für den Schäfers Vater arbeitete, 30 www.jerome-kassel.de Autor Herbert Schäfer am heimischen Schreibtisch festgenommen und anschließend zu menschenunwürdigen Untersuchungen abtransportiert. Den Zöllnern fielen jeweils Bargeld, Schmuck und Diamanten im Millionenwert in die Hände. Die Vermögen und Firmen der als Devisenschmuggler Festgenommenen wurden beschlagnahmt, die Leute weggebracht. Wohin, das wusste man nicht. Nichts von Konzentrationslagern gewusst „Meine Eltern waren überzeugte Nazionalsozialisten“, erklärt Schäfer. Entsprechend sei er erzogen worden. „Gott kam gerade noch vor dem Führer.“ Dennoch, das schwört er Stein auf Bein, dass die Menschen, die damals als Devisenschmuggler festgenommen worden sind, in Konzentrationslager kamen, haben seine Eltern nicht gewusst. „Das würde unser Führer niemals machen“, habe sein Vater gesagt, nachdem seine Frau von einem Familienbesuch aus dem nordhessischen Spangenberg zurückgekehrt war und von Konzentrationslagern berichtet hatte. „An diesem Abend gab es den ersten Ehestreit“, erinnert sich Schäfer. Sein Vater habe sich im Anschluss in die Eifel versetzen lassen, wo er schließlich bei einem Luftangriff umgekommen sei. Hitler musste untergehen Seine Familie war inzwischen zu Verwandten nach Osthessen geflohen. Als eines Tages die Amerikaner näherrückten, habe man sämtliches Nazi-Zeug im angrenzenden Moor versenkt. Alles sei problemlos untergegangen, bis auf ein mannshohes, fast zentnerschweres Hitlergemälde. Es versank erst, nachdem es unter erheblichem Kraft- und Zeitaufwand zerstückelt wurde. Fotos: Björn Schönewald Schonungslose Offenlegung In bis dato 23 Büchern hat der frühere Fernsehjournalist Herbert Schäfer Skandale aufgedeckt, Missstände angeprangert und Moral bewiesen. Doch eine Geschichte, die seiner Kindheit, hatte er nie erzählt. Mit seinem 24. Buch hat sich das nun geändert. „Ich musste das einfach loswerden“, sagt er. Anwürfe, er wolle Publicity und auf Kosten seiner Eltern einen Reibach machen, treffen ihn hart. „Es geht mir hierbei nicht um Bekanntheit oder Geld“, sagt Schäfer. Die schonungslose Offenlegung dieser Verbrechen mit ihren Hintergründen sei längst fällig gewesen. Bestellung A. Bernecker Verlag, Melsungen ISBN 978–3–87064–145–0 14,80 Euro zzgl. Versand Tel.: (05661) 731-465 E-Mail: sigrid.goette-barkhoff@bernecker.de Von Björn Schönewald JÉRÔME FEUILLETON
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