Also, ich halte mich ja für einen leidlich informierten Zeitgenossen, aber als ich neulich in der ZEIT ein interessantes Interview mit Andreas Ernst las, „Professor für Umweltpsychologie an der Universität Kassel“, dachte ich, Umweltpsychologie? Nie gehört. Wassidassi? Nun, der Mann ist vor Ort, fragen wir ihn mal. 32 www.jerome-kassel.de JÉRÔME FEUILLETON Wie kann die Menschheit in Zukunft (über)leben? Ein Gespräch mit Umweltpsychologe Andreas Ernst „Ich mag keine Katastrophenszenarien“ ... aber kritisch könnte es schon werden, so um die Mitte des Jahrhunderts, meint der Professor am Center for Environmental Systems Research (CESR) und Leiter der Forschungsgruppe Socio-Environmental Systems Analysis and Modelling (SESAM). Von Volker Schnell Foto: Mario Zgoll Erste Überraschung, er residiert nicht am Holländischen Platz, sondern in einer hübschen Villa an der Wilhelmshöher Allee, die oben genanntes Zentrum beherbergt. Draußen stehen ein paar lässige junge Leute, Fluppen in der Hand. „Selbst bei Ihnen stehen Leute vor der Tür, die die Zivilisation aufrecht erhalten“, bringe ich nach der Begrüßung einen Standardspruch an. Andreas Ernst stutzt kurz. „Indem sie rauchen? Davon werden Sie hier aber nicht viele finden, ebenso wenig wie Autofahrer.“ Wir sind gut darin, uns Vorteile zu sichern Die meisten Menschen fahren aber Auto, auch ich muss noch mal raus, um die Parkuhr zu füttern. Sind wir in Wahrheit viel weniger umweltbewusst, als wir gern tun? Das stimmt, meint Andreas Ernst, vor allem viel weniger, als die Leute in Umfragen angeben. „Wir Menschen sind gut darin, zukünftige Probleme zu ignorieren, auch wenn sie absehbar sind. Und sogar noch besser darin, uns eigene Vorteile zu sichern, solange es noch geht. Ein Kollege von mir wurde mal von einem ökologisch engagierten Unternehmer gebeten, vor seinen Mitarbeitern einen Vortrag über Umweltfragen zu halten. Danach führte der Unternehmer den Kollegen raus und zeigte ihm seinen PS-starken Sportwagen. Der Kollege runzelte die Stirn. Wie geht das zusammen? Ach, wissen Sie, lachte der Unternehmer, solange ich so etwas noch kann, will ich das genießen. Wir wollen alle unsere Schäfchen im Trockenen haben, ehe es anfängt zu regnen.“ Um den angelsächsischen Buchstabensalat aufzulösen: Das Zentrum erforscht interdisziplinär, also fachübergreifend Umweltprobleme, besonders in Zusammenhang mit Klimawandel und Ressourcenverbrauch. Es ist ein wichtiger Teil der Umweltkompetenz, die die Kasseler Uni ja besonders herausstellt. Professor Ernsts Forschungsgruppe erstellt Analysen des Mensch-Umwelt-Systems. „Ja, Sesam öffne dich, schon tausend Mal gehört“, sagt er. „Aber was wir hier machen, ist keine Zauberei. Wir versuchen zu beschreiben, wie sich bestimmte Verhaltensweisen, etwa unsere Umweltnutzung, in den nächsten 10, 20, 30 Jahren entwickeln werden. Wir entwerfen Landkarten von beobachtbaren und erwarteten Verhaltensweisen unter bestimmten Bedingungen. Dabei gibt es planetare Leitplanken, innerhalb derer sich die Entwicklung vollziehen muss.“ Die Evolution wurschtelt sich auch nur so durch Umweltpsychologie, kurz gesagt, befasst sich sowohl mit den Einflüssen der Umwelt auf den Menschen als auch mit dem Verhalten des Menschen gegenüber der Umwelt – und was dieses Verhalten anrichten kann. „Die Welt ist komplizierter geworden, aber unser Gehirn ist nicht mitgewachsen“, das hat Andreas Ernst schon der ZEIT gesagt und wiederholt es nun. In der Tat: Den anatomisch modernen Menschen, also uns, gibt es seit etwa 200.000 Jahren, davon haben 150.000 Jahre lang nur ein paar Zehntausende von uns in Afrika gelebt. (Und übrigens waren wir alle schwarz.) Die Genetiker sind ziemlich sicher, das korrekt zurückverfolgen zu können. Wären wir, wie die meisten Tierarten, in etwa gleicher Zahl in unserer ökologischen Nische geblieben, worauf unser Gehirn ausgerichtet ist, hätten wir keinen Schaden anrichten können (andererseits hätte auch kein Hahn nach uns gekräht). Dann sind wir plötzlich aufgebrochen, haben uns „die Erde untertan“ gemacht und uns bis jetzt auf unfassbare sieben Milliarden vermehrt. Sind wir ein von der Natur gar nicht vorgesehener „Irrläufer der Evolution“? (Arthur Koestler) Kassel und die Luftfahrtindustrie seit 1923 Geschichte(n), Menschen, Technik Mit Hintergrundwissen und vielen Fotos schildern die Autoren Rolf Nagel und Thorsten Bauer in dem 464 Seiten starken Buch eindrucksvoll die Entwicklung der Luftfahrtindustrie in Nordhessen. ISBN: 978-3-87064-147-4 Hier bestellen! Telefon: 05661 731-465 E-Mail: sigrid.goette-barkhoff@bernecker.de www.bernecker.de Zur Bestellseite: http://tinyurl.com/p338fog ab39,80 € im Handel oder online erhältlich
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