Martin Sonneborn zu Gast in Kassel 32 www.jerome-kassel.de JÉRÔME FEUILLETON Boshaft oder genial? Hörsaal 2, mit über zweihundert Plätzen einer der größten Hörsäle im Campus Center der Universität Kassel, war bis zum Bersten gefüllt. Selbst auf den Treppen stapelten sich die Menschen, auch Stehplätze waren nicht mehr zu bekommen. Kein Wunder: Satiriker sein, „das ist eine Charakterfrage“ Zu Gast war Martin Sonneborn. Sonneborn war am 28. April der Einladung des Studierendenmagazins „Medium“ gefolgt, um in Kassel von seinem Werdegang als Satiriker und als Politiker zu berichten. Seinen Vortrag hatte Sonneborn dem Veranstaltungsort gemäß analog zu einer klassischen Vorlesung aufgebaut. Die Inhalte allerdings dürften der einen oder dem anderen der anwesenden Studierenden ein wenig unterhaltsamer aufbereitet vorgekommen sein. Unterstützt durch an die Wand gebeamte Bilder und Filme kramte er Perlen der Aktionssatire aus seiner Zeit als Chefredakteur des Satiremagazins Titanic hervor, bevor er zu seinem Wirken als Vorsitzender der Partei Die PARTEI und schließlich als Mitglied des Europäischen Parlaments kam. Titanic Satiriker sein, „das ist eine Charakterfrage“, sagt Martin Sonneborn, geboren 1965 in Göttingen. Eigentlich ist er gelernter Krankenversicherungskaufmann. Die Lehre schloss er jedoch nach eigener Aussage nur ab, um Anspruch auf BAFög zu haben. „Ich wusste schon nach drei Tagen, dass ich so etwas nie machen will.“ Mit „so etwas“ meinte er nicht nur konkret den Beruf, sondern auch ein Leben im „gutbürgerlichen Milieu“. So ließ er die Aussicht auf eine solide Lebensplanung fahren, denn lieber wollte er „provozieren, kommentieren, aufdecken, attackieren, pubertäre Streiche aushecken“ (FAZ). Das Titanic-Magazin bot ihm hierfür die geeignete Plattform. 1995 wurde er Redakteur und erfüllte damit wohl seinen Berufswunsch. Denn bereits als Schüler hatte er das Blatt gelesen, vor allem beeindruckt von den Texten Hans Zipperts. Auch seine Magisterarbeit – nach der Ausbildung studierte er noch Publizistik, Germanistik und Politikwissenschaft– hatte das „endgültige Satiremagazin“ zum Thema. Fortan machte er vor allem durch medienwirksame Aktionen auf sich aufmerksam, was ihm in den Feuilletons den Titel „Deutschlands boshaftester Satiriker“ einbrachte. So begann Sonneborn dann auch seinen Auftritt mit Präsentation verschiedener Titanic-Titel, die anschaulich illustrierten, auf wen es das „endgültige Satiremagazin“, dessen Mitherausgeber Sonneborn mittlerweile ist, abgesehen hat: Auf alles und jeden nämlich, von Prominenten bis Politikern über Großunternehmen und Institutionen bis hin natürlich zu den Weltreligionen. Die PARTEI Auch die „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“, kurz Die PARTEI, war selbstredend Thema. Diese gründete Sonneborn im Jahr 2004 gemeinsam mit weiteren Titanic-Redakteuren und schuf sich damit eine weitere Spielwiese für Aktionssatire, von der er es sich nicht nehmen ließ zu erzählen. Er zeigte etwa Plakatkampagnen, die dem Phänomen „Wahlkampf “ immanente Absurditäten offenbarten und Videos in denen er schonungslos Vorurteile und Unwissen seiner Gesprächspartner aufdeckte. In solcherlei Aktionen nimmt Die PARTEI – und allen voran ihr Bundesvorsitzender Martin Sonne- Martin Sonneborn spricht an der Universität Kassel ... Fotos: Paul Bröker ... vor gut gefülltem Saal ...
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