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Nutzen aus dem Wandel ziehen MoWiN.net-Geschäftsführerin Dr. Astrid Szogs über Digitalisierung und Logistik Industrie 4.0 ist kein Thema der Industrie allein. Einst als Marketingbegriff durch die Bundesregierung kreiert, übt dessen Bedeutung auch auf andere Branchen Faszination und Handlungszwang aus. Ja, Handlungszwang. Denn es geht hier um nicht weniger als die Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen stehen vor anspruchsvollen Aufgaben, die für ihren Erfolg zunehmend elementar werden. Dem muss man sich stellen, auch und insbesondere in der Logistik, denn sie ist stark mit der Industrie verbunden. Was die Digitalisierung für die Branche bedeutet und welche Chancen es gibt, darüber sprachen wir mit der Geschäftsführerin des nordhessischen Mobilitätswirtschaftsnetzwerks MoWiN.net, Dr. Astrid Szogs. Jérôme: Für Industrie 4.0 gibt es keine einheitliche Definition. Wie lautet Ihre? Dr. Astrid Szogs: Der Begriff Industrie 4.0 steht für die vierte industrielle Revolution und bezeichnet eine neue Stufe der Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette über den Lebenszyklus von Produkten. Dabei wird von „intelligenten Wertschöpfungsketten“ gesprochen, da alle an der Wertschöpfung beteiligten Maschinen und Instanzen miteinander vernetzt sind und selbstständig untereinander kommunizieren können. Dies ermöglicht neben einem automatisierten Waren- und Bestellfluss und der Einbeziehung von Kunden und Geschäftspartnern in Geschäftsprozesse auch die „production on demand“, also die Herstellung maßgeschneiderter Produkte nach individuellen Kundenwünschen. Jérôme: Welche Bedeutung haben die Veränderungen durch Industrie 4.0 für die Logistikbranche? Dr. Szogs: Die Veränderungen in der Logistik werden grundlegend sein, denn Sensorik, Big Data, Elektrifizierung und durchgehende Vernetzung von Fahrzeugen und Waren betreffen hier sämtliche Bereiche. Beispielsweise werden die Lieferketten durch zunehmende Mengen an Daten gesteuert. Hersteller versuchen sie vollständig zu digitalisieren, um alle Vorgänge und Abläufe so detailliert wie möglich vorab planen zu können und gegen eventuell unvorhersehbare Störungen gut gerüstet zu sein. Je nach Branche werden sich die Veränderungen durch Industrie 4.0 also sowohl auf das Produkt als auch auf den Prozess auswirken. Alle Bereiche der Wertschöpfungskette sind eingebunden. Bei den Automobilherstellern gehören zum Beispiel In- und Outbound-Verkehre dazu, eine standortübergreifende Programmplanung, Produktion, Logistik und die Steuerung der Supply-Chain. Jérôme: Wie sieht das konkret aus? Dr. Szogs: Genauer darstellen lässt sich dies mit einem spannenden Projekt, das sich mit der Integration dieser Bereiche beschäftigt; das Projekt „Connected Supply Chain“ von BMW. Der Münchener Autobauer steht jeden Tag vor der Herausforderung, an 31 Produktionsstandorten 9.000 Neufahrzeuge zu produzieren. 30 Millionen Teile müssen dafür täglich minutengenau in die Montage gehen. Ziel von „Connected Supply Chain“ ist es, eine vollständige Datentransparenz entlang der kompletten Lieferkette zu erschaffen. Dadurch besteht die Möglichkeit, sofort auf alle Ereignisse angebracht reagieren zu können. Ähnlich ist das bei VW, dort soll über das Portal „Discovery“ Transparenz über alle Inbound-Logistk Transportprozesse geschaffen werden. Jérôme: Welche Chancen birgt das für Logistiker und deren Kunden? Dr. Szogs: Als illustratives Beispiel kann hier die zunehmende Digitalisierung des Transports ge- MoWiN.net-Geschäftsführerin Dr. Astrid Szogs Foto: Markus Frohme 38 www.jerome-kassel.de JÉRÔME INDUSTRIE 4.0 Von Björn Schönewald


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