MHK-Direktor a.D. Bernd Küster im Interview 24 www.jerome-kassel.de In Bremen und dem Bremer Umland, wo er schon über viele Jahre für Verlage und Museen gearbeitet hat, ist Prof. Dr. Bernd Küster am ehesten anzutreffen, seitdem er im Ruhestand ist. Fast neun Jahre lang war er Direktor und Wegbereiter der Museumslandschaft Hessen-Kassel (MHK), bevor ihn Kunst- und Kulturminister Boris Rhein im Januar verabschiedete. Doch Bernd Küster bleibt Kassel und Nordhessen verbunden, hat im Schwalm-Eder-Kreis sogar ein Haus gekauft. Was macht er mit der gewonnenen Zeit und wie blickt er auf die vergangenen Jahre zurück? Bei hauseigenem Kuchen, frisch gebacken im Café Jérôme im Schloss Wilhelmshöhe, haben wir ihn gefragt. Jérôme: Sie pendeln heute zwischen Bremen und Hessen. Wie kamen Sie dazu, vor vielen Jahren in der Schwalm ein Haus zu kaufen, weit vor Ihrer Kasseler Zeit? Prof. Dr. Bernd Küster: Ich habe es einmal erworben, um es unter Schutz stellen zu lassen und als Kulturdenkmal zu erhalten, das ist alles. Dabei handelt es sich um ein Atelierhaus, einen sehr speziellen und raren Gebäudetypus, den es nur in einer bestimmten Phase gab, etwa zwischen 1880 und 1914. Das war die Zeit, in der sich akademisch ausgebildete Künstler in ihren Motivlandschaften niederließen, weil diese Regionen sie am Leben halten konnten. Nach 1918 kommt so etwas eigentlich nicht mehr vor, die betreffende Generation war nach dem Ersten Weltkrieg künstlerisch abgemeldet, viele von ihnen waren gefallen – und die neue Zeit brauchte eine andere Kunst. Jérôme: Kommen wir mal zu Ihnen. Sie haben die MHK in den knapp neun Jahren als ihr Direktor geführt und geformt. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück? Küster: Wir blicken alle mit etwas Stolz zurück, meine Mitarbeiter und ich. Wir konnten in dieser Zeit viele Dinge bewegen, um den vorgegebenen „Masterplan“ zur Neuaufstellung der Kasseler Museen umzusetzen. Die Bildung einer Museumslandschaft ist auf der einen Seite ein formaler Verwaltungsakt, aber es muss ja auch eine inhaltliche Tragweite haben und passen. Jérôme: Was hat Ihnen am Masterplan besonders gefallen? Küster: Das Großartige dieses Planes war, den gesamten historischen Kontext im Auge zu haben und zu fragen, welche Liegenschaften und welche Sammlungen zusammengehören. Diese Dichte der bedeutenden Kasseler Sammlungen zu erhalten und an den Originalschauplätzen zu präsentieren ist wirklich fantastisch. Das kann nicht an andere Orte übertragen werden, weil die Sammlungskultur in anderen Städten gleicher Größenordnung nicht derart ausgeprägt ist. Was man in Kassel vorfindet, ist eine historische Einmaligkeit, und das war für mich ein entscheidender Grund, nach Kassel zu kommen. Museen kann man woanders auch leiten, aber diesen Masterplan umzusetzen, das war eine große Herausforderung und bleibt eine wahrhaft schöne Aufgabe. Jérôme: Der Masterplan ist 2005 verabschiedet worden. Inwiefern konnten Sie ihn mitgestalten? Küster: Nicht ich, sondern wir. Ich habe viele Fachkollegen, die in Themen wie Bau oder Sanierung eingebunden und vertraut sind. Wir konnten zum Beispiel durch die Auswahl der Architekten das innere Gesicht der Neuen Galerie entscheidend mitbestimmen. Bei der reinen Restaurierung wie dem Herkules gibt es für einen leitenden Architekten oder Planer natürlich wenig Spielraum, aber bei der Neuen Galerie, dem Landesmuseum und jetzt auch beim Tapetenmuseum schon. Wir konnten uns wirklich die besten Architekten nehmen, die es landesweit gab, und das hat die Qualität des Gesamtprojekts ausgemacht. Jérôme: Es gibt ja immer einen Unterschied zwischen Theorie und Praxis, und so ein Masterplan ist zunächst mal Theorie. Ist Ihnen die Überführung in die Praxis in allen Punkten so gelungen, wie Sie sich das vorgestellt haben? Küster: Die Strategie war klar, die großen Prioritäten gesetzt. Was den Prozess immer etwas entschleunigte, waren die zwei Widersacher jeden Bauvorhabens, nämlich Kostensteigerung und Bauverzögerung. Die Zeit ist aber nicht untätig verstrichen, sondern diente dazu, das neue Konzept ausreifen zu lassen und passgenau auf den Baukörper umzusetzen. Zum Beispiel beim Landesmuseum, einem ehrwürdigen und prachtvollen Gebäude, das wir zweckgerichtet mit großem Aufwand in ein Museum des 21. Jahrhunderts verwandelt haben. Jérôme: Das Land hat für die Umsetzung des Masterplans die größte Kulturinvestition in seiner Geschichte getätigt: 200 Millionen Euro. Seit einigen Jahren ist Prof. Dr. Bernd Küster mit Hannes Wader befreundet. Als unser Fotograf Mario Zgoll Küster wegen der Fotos zum Interview im Schloss Wilhelmshöhe besuchte, war Wader gerade ebenfalls vor ort, um mit dem ehemaligen MHK-Direktor die Alten Meister zu bestaunen Von Björn Schönewald Fotos: Mario Zgoll JÉRÔME FEUILLETON „Ich fahre einfach los“
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