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»Einzug in Jerusalem«: Hermann Knackfuß, der von Kaiser Wilhelm II. besonders geschätzte Kasseler Maler und Kunstakademie Professor, bei der Arbeit an einem seiner monumentalen Historiengemälde Schätze aus dem Stadtmuseum: Kasseler Persönlichkeiten und ihr Wirken 6 www.jerome-kassel.de FUNDUS Das ist ja ...! Goldene Schuhe, rotes Cape! Was ist denn das für eine?“ So seien seine ersten Gedanken gewesen, als er vor drei Jahren im Depot des Museums das gemalte Porträt von Sophie-Luise Kessler- Lindemann (1899–1989) entdeckte, berichtet Dr. Kai Füldner, Direktor des Kasseler Stadtmuseums. Ausgehend von dieser schönen, noch Unbekannten, fasste er daraufhin den Plan, das Andenken an all jene zu erneuern, die, in welcher Form auch immer, in der Geschichte Kassels eine Rolle gespielt hatten und nun, mitsamt ihren Hinterlassenschaften, im Dornröschenschlaf des Depots lagen. Im Herbst 2016 begannen die Nachforschungen für die aktuelle Ausstellung, und die Trägerin der goldenen Schuhe entpuppte sich dabei schnell als gefeierte Konzertpianistin, die über Jahrzehnte hinweg die musikalische Szene Kassels geprägt hatte. „Zudem hielt sie das »Patent mit Musterschutz « für eine flügelschonende Deckelschutzscheibe und war eine beliebte Gastgeberin für Kassels höhere Gesellschaft“, erläutert Kai Füldner, „mit einem bemerkenswerten Hang zu Delikatessen“ – wie auch die ausgestellten Menükarten belegen: Von »Clam Chowder«, »Suppe Sarah Bernhard« und »Schildkrötenbouillon« über »Schleie blau« und »Matelote von Karpfen« bis hin zu »Birkhuhn mit Ananaskraut«: „Lie“, wie die Pianistin allgemein genannt wurde, wusste gut zu leben. Kein Kind von Traurigkeit war wohl auch der Unternehmer Ludwig Rocholl (1817–1884), der sich gleich samt Schoßhündchen in Öl verewigen ließ. Um 1900 stellten die rund 300 Mitarbeiter seiner Bettenhäuser Fabrik etwa 2.400 Schirm- und Spazierstöcke pro Tag her, gefertigt aus nahezu allen Holzarten und mit Montierung aus Zelluloid, Hirschhorn, Elfenbein, Perlmutt und Metall. Kurz vor Beginn der Arbeiten zur Ausstellung »Hingucker!« konnte das Stadtmuseum seine Sammlung um eine nun ebenfalls erstmals öffentlich zugängliche, 89 Exemplare umfassende Musterkollektion Rocholl’scher Stockgriffe erweitern. Bezahlter Urlaub und ein Kranz vom Kaiser Zu den insgesamt 32 Kasseler Persönlichkeiten, die das Team des Stadtmuseums aufgrund der vorhandenen Materialien exemplarisch auswählte, zählt auch Moritz Gottschalk (1851–1943), nach dem eine Straße an der Kasseler Universität benannt ist. Zunächst in die Lehre im Textilbetrieb des späteren Vorderen-Westen-Gründers Sigmund Aschrott gegangen, gründete dieser im Foto: Jan Hendrik Neumann/nh JÉRÔME STADT Von Jan Hendrik Neumann


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