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Geschlechter-Verwirrung im Spiegel der Biologie Von Jan Hendrik Neumann 34 www.jerome-kassel.de JÉRÔME FEUILLETON Der große UNTERSCHIED Dass es plötzlich erheblich mehr als die zwei bislang vertrauten Geschlechter »Mann« und »Frau« geben soll, erfuhr eine breitere Öffentlichkeit vermutlich am nachhaltigsten durch Facebook. Das weltweit größte soziale Netzwerk ermöglicht seinen Nutzern – in deren Profil unter »Geschlecht« einzutragen – nunmehr die freie Wahl aus Zuschreibungen wie »Pangeschlecht«, »gender variabel«, »Two Spirit drittes Geschlecht«, »XY-Frau«, »Viertes Geschlecht «, »transmaskulin«, »Frau zu Mann (FzM)«, »Drag« und »Transmensch« – bis hin zu »Butch« und »weder noch«. Kann die Biologie da noch mithalten, kann sie diese scheinbare Explosion der Identitäten wissenschaftlich untermauern? Primäres Geschlecht ist weiblich „Die Geschlechts-Identität, mithin die »Gender Identity«, ist bei über 99 Prozent aller Babys bereits vorgeburtlich festgelegt“, sagt Ulrich Kutschera. „Und diese sind entweder eindeutig männlich oder eindeutig weiblich“, wie der Evolutionsforscher auch in seinem 2018 erschienenen Fachbuch »Das Gender-Paradoxon – Mann und Frau als evolvierte Menschentypen« argumentiert. Da das primäre Geschlecht nach Erkenntnis der Entwicklungsbiologie weiblich sei, entwickle sich die befruchtete Eizelle bis zur sechsten Schwangerschaftswoche entsprechend, erst dann werde gegebenenfalls, zunächst durch Umpolung in den Keimdrüsen, später im Hirn, eine Vermännlichung eingeleitet. Geschlechtsausbildung hat nicht funktioniert Nur in äußerst seltenen Fällen, bei sogenannten Intersex-Menschen, sei aufgrund einer angeborenen Chromosomenstörung keine eindeutige Zuordnung möglich. „Es gibt Männer, die fühlen sich als Frauen“, so der Biologe. „Da hat dann die sekundäre, Testosteron-abhängige, Y-Chromosomen gesteuerte Vermännlichung des Gehirns nicht funktioniert.“ Betroffen seien auch Menschen mit Klinefelter-Syndrom, die vom Körperbau männlich aussehen, jedoch über zwei aktive X-Chromosomen und ein Y-Chromosom verfügen (XXY), oder Personen mit Turner-Syndrom, die zwar weiblich erscheinen, indes kein zweites X-Chromosom besitzen (X0). „Das ist na- Foto: Jan Hendrik Neumann en wir in Z Brauch ukunft tatsächlich Toiletten für das sogenannte „dritte Geschlecht“? Und kann es sinnvoll sein, Kindern bereits in der Grundschule – oder gar noch früher – „geschlechtliche und sexuelle Vielfalt“ nahezubringen, um sie damit „zu unterstützen, ihre sexuelle Identität und Orientierung zu entwickeln“? Inzwischen greifen solche Konzepte schon bis in die Lehrpläne der Bundesländer hinein, zumeist unter Bezug auf das sogenannte „Gender Mainstreaming“, deren Befürwortern es vorgeblich um die „Gleichstellung der Geschlechter“ geht. Im Gespräch mit Jérôme hat der streitbare Kasseler Evolutionsbiologe Prof. Dr. Ulrich Kutschera dazu eine klare Positionen. Prof. Dr. Ulrich Kutschera mit seinen Forschungsobjekten: Zwittrige Pflanze und hermaphroditischer Egel


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