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www.jerome-kassel.de 39 JÉRÔME WIRTSCHAFT gekommen zu sein. Die Stadt hat sich in den vergangenen Jahren wunderbar entwickelt und bietet eine sehr gute Lebensqualität. Nach meiner Rückkehr habe ich unser schönes Nordhessen noch einmal ganz neu für mich entdeckt und ich fühle mich hier sehr wohl. Es ist ja schließlich auch meine Heimat. Jérôme: 2017 sind Sie als „Unternehmerfrau im Handwerk„ ausgezeichnet worden. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung? Koch: Dieser Preis stellt für mich eine Anerkennung meiner täglichen Leistung dar. Es ist ein schönes Gefühl zu wissen, dass auch andere daran glauben, dass man auf dem richtigen Weg ist. Diese Wertschätzung hat mich sehr motiviert und mir mehr Sicherheit gegeben. Darüber hinaus hat die Jury mit ihrer Entscheidung für eine junge Frau, die noch am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn steht auch ein wichtiges Zeichen für das Handwerk im Allgemeinen gesetzt. Der Fortbestand vieler handwerklicher Betriebe ist dadurch gefährdet, dass sich kein Nachfolger finden lässt. Der Preis kann also durchaus auch als eine Ermutigung für junge Menschen gesehen werden, sich einer solchen Herausforderung zu stellen. Jérôme: Wie sehen Sie Ihre Entwicklung? Wo möchten Sie in zehn Jahren stehen? Koch: Mir ist es ein Anliegen, den traditionellen Charakter unseres Familienunternehmens zu bewahren, es aber gleichzeitig auch zu einer modernen und zukunftsfähigen Fleischerei weiterzuentwickeln. Wir werden uns also auch weiterhin auf die traditionelle Herstellung regionaler Spezialitäten – insbesondere natürlich auf unsere Ahle Wurst – konzentrieren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein Produkt nicht verbessert werden kann und wir nicht auch auf die veränderten Bedürfnisse der Verbraucher eingehen können. Im Gegenteil, hier liegt gerade die Stärke eines kleinen, inhabergeführten Handwerksbetriebs. Wir sind sehr flexibel und können ziemlich schnell auf individuelle Kundenwünsche eingehen. Abgesehen von unseren Produkten besteht auch in den Bereichen Prozessmanagement, Vertrieb und Kommunikation noch Entwicklungspotenzial. In dieser Hinsicht bietet die Digitalisierung große Chancen. Sie ermöglicht es uns, einerseits die betriebsinternen Abläufe zu optimieren und andererseits näher am Kunden zu sein. Wenn sich der aktuelle Trend in der Fleischbranche fortsetzt, wird in einigen Jahren fast der komplette Markt unter einigen wenigen Herstellern aufgeteilt sein. Ich glaube, dass es auch dann noch Menschen geben wird, die sich hochwertige und außergewöhnliche Produkte wünschen. Auch in zehn Jahren möchte ich also noch zu den Fleischern gehören, die solche besonderen, auf traditionelle und nachhaltige Weise von Hand hergestellten Lebensmittel anbieten. Jérôme: In Ihrer wenigen Freizeit engagieren Sie sich im Ehrenamt. Warum ist Ihnen das so wichtig? Koch: Es ist ein großes Geschenk, ein Unternehmen von seinen Eltern übernehmen zu dürfen. Auch wenn die Leitung eines Fleischereibetriebes mit viel Arbeit verbunden ist, bringt dieser Beruf gleichzeitig viele Vorteile und Freiheiten mit sich. Mir ist bewusst, dass dies nicht selbstverständlich ist und nicht jeder solche Privilegien genießt. Es ist ein schönes Gefühl, dieses Glück mit anderen Menschen teilen zu können. Nicht zuletzt ist die ehrenamtliche Arbeit auch für mich sehr bereichernd. Denn in diesem Kontext treffe ich viele interessante Menschen und kann durch den Austausch mit ihnen meinen Horizont erweitern. Das ist für mich sehr wertvoll. Jérôme: Haben Sie Vorbilder? Koch: Zu meinen größten Vorbildern zählt sicherlich mein Vater. Die unerschöpfliche Energie, mit der er unseren Betrieb über vierzig Jahre lang geführt hat, beeindruckt mich sehr. Ich bewundere ihn für sein Fachwissen, seine Kreativität und seine Leidenschaft für unseren Beruf. Wenn ich in vierzig Jahren auf einen ähnlich erfolgreichen Werdegang zurück blicken kann, dann werde ich sehr zufrieden sein. Jérôme: Wir „beamen“ Sie an einen Ort und Sie bekommen 24 Stunden Freizeit. Wo geht es hin und was würden Sie tun? Koch: Ich liebe Frankreich. Ein kurzer Ausflug in die Provence oder an die Côte d’Azur bereitet mir immer Freude. Auch dort lässt mich mein Beruf nicht völlig los. Wie immer, wenn ich auf Reisen bin, würde ich Fleischereien, Wochenmärkte und Restaurants besuchen und mich von der wunderbaren französischen Küche inspirieren lassen. Jérôme: Wie schaffen Sie den Ausgleich zu Ihrem beruflichen Alltag? Haben Sie einen Lieblingsplatz in der Region? Koch: Mein Beruf ist so vielseitig, dass ich ihn nur selten als Alltag empfinde. Wenn man für den eigenen Familienbetrieb arbeitet, gibt es keine scharfe Trennung zwischen Beruflichem und Privatem. Unserer Familienleben findet seit jeher größtenteils in der Fleischerei statt. Wenn ich dennoch mal eine Auszeit brauche, finde ich diese bei der Jagd rund um die Staatsdomäne Frankenhausen. Diese Momente der Ruhe in der Natur bieten mir die Möglichkeit, mich zu entspannen und mit frischen Ideen neue Projekte angehen zu können. Jérôme: Wir bedanken uns ganz herzlich für Ihre Zeit und gratulieren noch mal zur bestandenen Meisterprüfung.


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