Die Kasseler Musiktage vom 24. Oktober bis 3. November wollen Lust auf Neues erwecken. Das verspricht zu gelingen, präsentiert das Festival doch spannende Programme und hochkarätige Künstler. Dabei gibt es zeitgenössische Klänge ebenso wie barocke Frauenpower, exquisite Kammermusik genauso wie ein großes Oratorienkonzert. 32 www.jerome-kassel.de JÉRÔME FEUILLETON Von Georg Pepl Ein Kompositionsauftrag der ehrwürdigen Wiener Staatsoper ist etwas sehr Außergewöhnliches, fast wie ein Sechser im Lotto. Dem 1974 in Innsbruck geborenen Komponisten Johannes Maria Staud wurde die seltene Ehre zuteil, denn im vergangenen Dezember war das Traditionshaus der Uraufführungsort seiner Oper „Die Weiden“. Stauds zeitkritisches Musiktheater nach dem Libretto von Durs Grünbein zielte mitten ins Herz der Gegenwart, ging es doch um die Themen Rechtspopulismus, Demagogie und Rassismus. Das war von enormer Brisanz in Österreich, weil dort – ein halbes Jahr vor der Ibiza-Affäre – eine konservativ-rechte Koalition regierte. Nicht sofort zu erfassen Johannes Maria Staud ist einer der prominentesten Komponisten seiner Generation. Seine Werke wurden bereits von Dirigiergrößen wie Sir Simon Rattle oder Franz Welser-Möst aufgeführt, auch komponierte er für die japanische Violinvirtuosin Midori und den französischen Starpianisten Pierre- Laurent Aimard. „Ich möchte einfach die Musik schreiben, die mir selbst als Zuhörer gefallen würde, bei der es einem nicht langweilig wird“, sagte er einmal und präzisierte: „Eine Musik, die so komplex ist, dass sie nicht sofort zu erfassen ist, sondern den Zuhörer in einen Strudel mitreißt.“ Terra pinguis und Mozarts Klarinettenkonzert Dass bei den Kasseler Musiktagen unter dem Motto „Lust auf Neues?“ mehrere Werke von Johannes Maria Staud zu hören sind, passt perfekt in das Konzept des Festivals, das seit 2016 unter der erfolgreichen künstlerischen Leitung von Olaf A. Schmitt steht. So erklingt beim Eröffnungskonzert am 24. Oktober in der documenta-Halle die neue Komposition „Terra pinguis (für Arthur)“, die Staud für das Münchener Kammerorchester geschrieben hat. Darauf folgen zwei Highlights des klassischen Repertoires: Mozarts unvergleichliches Klarinettenkonzert und Franz Schuberts 5. Sinfonie. Ausführende sind der Klarinettist Sebastian Manz und das Münchener Kammerorchester um Chefdirigent Clemens Schuldt – renommierte Interpreten, denn die Kasseler Musiktage warten nicht nur mit spannenden Programmen auf, sondern auch mit hochkarätigen Künstlern. Apollon Musagète Quartett Bereits zum vierten Mal in Folge kommt das Apollon Musagète Quartett zu den Musiktagen. Am 25. Oktober gastiert die hervorragende polnische Streicherformation im Ständesaal des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. Auf dem Programm: das frühe Quartett g-Moll D 173 von Franz Schubert, das Quartett Nr. 3 des polnisch-britischen Komponisten Sir Andrzej Panufnik (1914–1991) und das Quartett G-Dur op. 106 von Antonín Dvořák. Damit setzt das Ensemble nicht nur seinen großartigen Dvořák-Zyklus fort, es wirbt auch wieder für den 1954 von Polen nach England emigrierten Andrzej Panufnik. Löste im vergangenen Jahr sein Streichquartett Nr. 2 „Messages“ Bewunderung aus dank einer ganz eigenen Tonsprache jenseits der etablierten Avantgarde, so darf man sich diesmal auf sein drittes Quartett mit dem Titel „Wycinanki“ (Scherenschnitt) freuen. Fotos: Priska Ketterer, Nikolaj Lund, Steven Haberland Das Apollon Musagète Quartett ist schon zum vierten Mal in Folge bei den Kasseler Musiktagen dabei. Im Sog der Klänge
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