MELSUNGEN lohnt sich Kirchliche Arbeit im Wandel Von Ruthild von Dörnberg und Rudolf Schulze Angesichts der über 800-jährigen Geschichte der Christen in Melsungen erscheinen die letzten 25 Jahre nur als kurze Episode. Schaut man genauer hin, so war aber auch das letzte Vierteljahrhundert für die Evangelische Kirchengemeinde nicht arm an bemerkenswerten Entwicklungen. Das wertvollste Gebäude der Stadt, die über 650 Jahre alte Stadtkirche, drohte auseinanderzubrechen. Denn der mittelalterliche Dachstuhl war so schadhaft, dass er das gotische Mauerwerk nach außen drückte. In einem gemeinsamen Kraftakt von Landeskirche, Kirchengemeinde und Bürgerschaft wurde die Kirche ab 1999 schrittweise renoviert und erhielt nach der Sanierung des Dachstuhls auch einen neuen Innenanstrich und einen neuen Altar. Festwoche und Kabarett Im März 2003 konnte die Kirche durch Bischof Martin Hein schließlich wieder eingeweiht werden. Während der Bauzeit waren die sonntäglichen Gottesdienste zeitweise ins Lutherhaus verlegt worden, das seinerseits bereits in den Jahren 1994 bis 1996 nach dem Verkauf des Vorderhauses an den Kirchenkreis zu einem zeitgemäßen Gemeindehaus umgebaut worden war. So konnte das 650-jährige Jubiläum des Chorraums der Stadtkirche im Jahr 2005 mit einer abwechslungsreichen Festwoche begangen werden, in der erstmals in dem Gotteshaus auch eine Kabarettveranstaltung stattfand. Schließlich erfuhr die Stadtkirche durch neue, von einer Künstlerin gestaltete Altartücher und den Raum der Stille unter der Nordempore eine zusätzliche geistlich-künstlerische Akzentuierung. Im Jahr 2006 konnte auch das Gemeindehaus in der Franz- 28 825 Jahre Stadt Melsungen Gleim-Straße zum heutigen Dietrich-Bonhoeffer- Zentrum umgebaut und mit einem neuen, durch eine umfangreiche Kunstverglasung geschmückten Sakralraum versehen werden. Begegnungen beflügeln Erfahrungswelt Die inhaltliche Arbeit der Kirchengemeinde wurde in Zusammenarbeit der vier Melsunger Pfarrer mit den über 100 Ehrenamtlichen kontinuierlich weiterentwickelt. Stärker als früher sind heute nicht mehr so sehr fortlaufende Gruppenangebote gefragt, als vielmehr zeitlich begrenzte Projekte. Ein bemerkenswerter neuer Impuls ergab sich durch die Bekanntschaft eines ehemaligen Braun- Mitarbeiters aus den USA und einer Kirchenvorsteherin: daraus erwuchs nach einem ersten Besuch einer Melsunger Gruppe in Pennsylvania eine neue Partnerschaft zwischen der amerikanischen und der Melsunger Kirchengemeinde. Schon in der Kirchenkreispartnerschaft zur südindischen Diözese Nordkarnataka hatten sich die neuen Beziehungsmöglichkeiten des globalen Zeitalters angedeutet. Auch die allgemein gewach- Dieses in 2004 anlässlich der Synode der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschland (SELK) entstandene Foto symbolisiert das respektvolle Miteinander von Kirchen und Staat nicht nur in Melsungen senen touristischen Möglichkeiten wurden nun zunehmend für religiöse Studienreisen in die Länder der Bibel und des Mittelmeerraums, ja sogar nach Südafrika und Indien genutzt. Kirchenmusikalische Arbeit Die kirchenmusikalische Tradition, deren Zentrum der seit über 100 Jahren bestehende Kirchenchor ist, erfuhr durch die Wechsel im Kantorenamt des Kirchenkreises neue Impulse. Nach dem Abschied der hochverdienten Kantorin Gisela Bechler (1991) gründete ihr Nachfolger Manfred Muche (1992–2002) neben der bestehenden Kantorei einen Gospelchor. Seit 2003 liegen die kirchenmusikalische Arbeit und das umfangreiche Konzertmanagement in Händen von Kantor Christian Fraatz. Der Bläserkreis existiert weiterhin als ein erfolgreiches Gemeinschaftswerk von Evangelischer Kirchengemeinde und Selbständig Evangelisch-Lutherischer Gemeinde und ist damit seit Jahrzehnten ein Vorreiter der unverkrampften Kooperation zwischen verschiedenen Konfessionen. Intensiveres Miteinander Auch darüber hinaus sind die Christengemeinden Melsungens näher zusammengerückt. Seit 2001 pflegt ein ökumenischer Arbeitskreis aus römischkatholischer, Selbstständig Evangelisch-Lutherischer, Evangelisch-Freikirchlicher und Evangelischer Kirchengemeinde die Beziehungen der vier Konfessionen und bereitet gemeinsame Unternehmungen vor. Neben gegenseitigen Einladungen, ökumenischen Wanderungen und gemeinsamen Vortragsreihen wurde 2003 ein erstes ökumenisches Kirchenfest auf dem Marktplatz gefeiert, dem 2005 ein weiteres folgte. Solche kirchlichen Großveranstaltungen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Das herausragende Event war wenige Jahre zuvor, zum Pfingstfest 2000, der Landeskirchentag, der mit zahlreichen Veranstaltungen, Konzerten, Vorträgen, Ausstellungen und Marktständen über 10.000 Besucher in unsere Stadt gelockt hat, darunter viele Bläser, die zum Landesposaunentag angereist, und 800 Jugendliche, die zum Landesjugendfest hierhergekommen waren. Das Melsunger Dietrich-Bonnhöfer-Zentrum
825 Jahre Stadt Melsungen
To see the actual publication please follow the link above