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16 www.jerome-kassel.de JÉRÔME STADT Seid umschlungen, Millionen Volle zwei Jahre hat es gedauert, bis sowohl die Tiefbauarbeiten wie auch der obererdige Ausbau der Goethe- und Germaniastraße zwischen Herkulesstraße und Friedrich-Ebert-Straße, durchgeführt vom Kasseler Entwässerungsbetrieb, der Städtische Werke Netz + Service GmbH, der KVG sowie der Stadt Kassel, am 11. Oktober endlich und wohl zur besonderen Freude der in ihrer Fahrautonomie bis dahin stark beeinträchtigten Autofahrer beendet waren. Die mindestens ebenso heftig betroffenen Anwohner, unter ihnen viele Gewerbetreibende, nahmen es zum freudigen Anlass, diesen Tag mit einem fast ganztägigen „Bunten Treiben“ zu begehen, das Livemusik, Filmvorführung, Kinderkarussell, Kinderschminken, Straßenkünstler, Kulinarisches, Bauarbeiterschoppen und vieles mehr beinhaltete oder besser: beinhalten sollte, denn aus purer Bosheit spielte das Wetter nicht mit, was den einen oder anderen Programmpunkt in die verregnete Defensive manövrierte. Dennoch stand Oberbürgermeister Bertram Hilgen zuvor einer beeindruckenden Menagerie von geöffneten Regenschirmen gegenüber, als er ganz offiziell um 14 Uhr das Ende der Baustelle verkündete und dessen markanteste Veränderung – und zugleich das Herzstück der rund 9,7 Millionen Euro teuren, mit Bundes- und Landesmitteln geförderten Baumaßnahme – für Radfahrer, Fußgänger und Haustiere freigab: die neugeschaffene Goethe-Promenade, die längs der Goethestraße von der Murhardstraße bis zum ebenfalls neuen Rudolphs-Platz an der Kreuzung Goethe-, Germania- und Olgastraße führt. Wie sich die Qualitäten dieser Promenade „zum Flanieren und Wohlfühlen“, wie es Stadtbaurat Christof Nolda ausdrückte, tatsächlich gestalten, war an diesem Tag allerdings noch nicht recht abzulesen – bei Regen flaniert es sich eben weniger gut. Und welche neuerschlossenen Fußgängermassen dort von A nach B promenierend unterwegs sein wollen werden, beim launigen Flanieren nach wie vor jäh unterbrochen durch die noch immer querende, vielbefahrene Querallee, die dort nun zumindest mit einer Ampelanlage versehen ist, kann auch noch nicht wirklich abgeschätzt werden, denn die Gastronomie an dieser Strecke ist eher überschaubar vertreten und Feierliche Eröffnung mit Oberbürgermeister Bertram Hilgen, KVG-Vorstandsvorsitzendem Andreas Helbig, Ortsvorsteher Steffen Müller und Stadtbaurat Christof Nolda (v.l.) Neue Goethe-Promenade: Kassel hat wieder eine Prachtstraße Von Jan Hendrik Neumann Fotos: Mario Zgoll Cortes Young und seine Partnerin M. Lilley, bekannt aus dem Starclub Die breiten Bürgersteige laden zum Flanieren ein Läden, die zum Einkauf verlocken könnten, gibt es derzeit auch nur wenige. Doch möglicherweise bestehen ja bereits entsprechende, der interessierten Öffentlichkeit bislang nur gut verborgene Neuansiedlungspläne und unorthodoxe, den Denkmalschutz behände aushebelnde Umnutzungskonzepte, die dann jedoch vermutlich erst im nächsten Frühjahr umgesetzt und damit sichtbar werden. Denkbar wäre auch, dass der beständig steigende Benzinpreis in den nächsten Jahre immer mehr Bürger zur Abschaffung ihrer PKWs nötigt, was den Bedarf an breiten Fuß- und Radwegen in der Tat signifikant erhöhen könnte, doch dafür scheint die Goethestraße, die Sigmund Aschrott, der Erbauer des Vorderen Westen, einst als „imposanteste Straße der Stadt“ bezeichnet hatte, wie ihn der Oberbürgermeister in seiner Ansprache strahlend zitierte, nicht wirklich in dem unter diesen Umständen nachhaltigst betroffenen Viertel zu liegen. Mit der Straßenbahn teilen Unkenrufe zur Verkehrstauglichkeit der neugeschaffenen Straßensituation gibt es indes bereits, im Internet, natürlich nicht nur von den Autofahrern, die sich die verbliebene Straßenbreite nun, ergänzt durch einen Radfahrstreifen, zweispurig mit der Straßenbahn teilen müssen: „Ein absoluter Risikofaktor. Die Fahrradfahrer direkt zwischen Bahn und parkenden Autos?“, wird dort moniert, und: „Für Zweiradfahrer ist das lebensgefährlich ... Diese Herren Planer müssten für jeden Sturz oder Unfall auf glatten Schienen zur Rechenschaft gezogen werden“, wie sich ein Kritiker empört, während ein anderer ergänzt, dass es auch für Autofahrer kein Vergnügen sei, auf nassen Schienen zu rutschen. Ein weiterer Kritiker gibt zu bedenken, dass die Autos nun rückwärts aus den Parklücken fahren müssten, direkt auf die Schienen: „Da werden nicht nur Unfälle, sondern auch starke Behinderungen vorprogrammiert sein.“ Wer da lieber gleich auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigt, kann sich freuen, denn im Zuge der Umbaumaßnahmen sind sowohl die Bus- als auch die Bahnstationen Goethestraße barrierefrei erneuert worden und nun sogar „kundengerecht“, wie es etwas nebulös aber immerhin vielversprechend in einer Pressemitteilung aus dem Rathaus heißt.


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