STADTVERKEHR On-Demand-Lösung revolutioniert ÖPNV-Angebot in Melsungen „Die Bewältigung der Beförderungsfälle in den Entleerungsgebieten“ ist der Titel eines Beitrags, den Hessens früherer Verkehrsminister Dieter Posch im April 2018 für die Fachpublikation Infrastruktur Recht geschrieben hatte. Es ging um den öffentlichen Personennahverkehr im ländlichen Raum und Posch hatte den Titel bewusst gewählt, denn er war entsetzt von den als offiziellen Fachtermini gehandelten Begriffen. „Der ländliche Raum darf sich nicht abhängen lassen“, mahnt er immer wieder. Und dank seiner Initiative startet in Melsungen schon bald ein hessenweites Pilotprojekt, das den ÖPNV im ländlichen Raum voranbringen soll. Projektpartner sind die Stadt, der Nordhessische Verkehrsverbund NVV, ein Busunternehmen und der örtliche Taxiunternehmer. Der StadtBus wird vorerst konventionell angetrieben sein, das baugleiche Modell ab Frühjahr 2020 dann mit Elektroantrieb. 16 www.jerome-kassel.de JÉRÔME REGION Innovativer Von Björn Schönewald Das Bild, das Dieter Posch auf ein Blatt Papier malt ist nicht schwer zu verstehen: Mit Kringeln skizziert er grob ein paar Städte, die vom öffentlichen Personennahverkehr angefahren werden. Die erforderliche Buslinie zieht er als Kuli-Strich von Punkt zu Punkt. „Jetzt kommen noch die umliegenden Dörfer hinzu“, sagt Hessens früherer Verkehrsminister und malt kleinere Kringel in die Peripherie. Die kleineren Kringel können nur von ausladenden Kuli- Strichen erreicht werden. „So läuft das bislang im ländlichen Raum“, sagt Dieter Posch. Und die Busse, die die kleinen Orte anfahren, seien oft kaum besetzt. Effizient sei das nicht. Teure Bus-Kilometer So komme es, dass der Kostendeckungsgrad des ÖPNV in Nordhessen bei nur 32 Prozent liege, gibt Posch zu bedenken. „Wo nur noch wenige Beförderungsfälle existieren, hilft morgens und abends ein an den Fahrplan gebundener Bus überhaupt nichts. Er befriedigt weder die Bedürfnisse der Menschen in den kleinen Orten, noch ist er finanziell vertretbar“, so Posch. Die Fahrgeldeinnahmen würden bei solchen Fahrten und bei Bus- Kilometer-Preisen zwischen 2,50 und 3 Euro zum Teil nicht mal zehn Prozent der Ausgaben decken. Ländlichen Raum nicht vergessen „Man orientiert sich bei der Entwicklung des Öffentlichen Nahverkehrs nicht am ländlichen Raum“, erklärt Posch das Problem. Das sei ein Fehler: „Die Politik übersieht, dass gerade mal die Hälfte der Deutschen in Gemeinden mit mehr als Fotos: Martin Weißhand/NVV, Jürgen Röhrscheid Wie ein Londoner Taxi wird das Hybrid-Fahrzeug für den fahrplanlosen On-Demand- Verkehr aussehen. 20.000 Einwohnern lebt.“ Nach wie vor sei der ländliche Raum wichtiger Wohn-, Markt und Wirtschaftsstandort. 60 Prozent der Betriebe befänden sich hier. Und damit das so bleiben könne, gehörten Ärzte, schnelles Internet und Mobilität dazu. Hessenweites Pilotprojekt Die Lösung sieht Posch in individuellen Nahverkehrsangeboten on demand. „Wir brauchen Shuttles, die auf bestimmten Strecken ohne Fahrplan Fahrgäste abholen und wieder nach Hause bringten“, erklärt Dieter Posch. Das neue ÖPNV-Konzept für seine Heimatstadt, das knapp 14.000 Einwohner zählende Melsungen, sehe genau das vor. Unterstützt vom Nordhessischen Verkehrsverbund NVV und in Kooperation mit der Stadt, ei-
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