Schauspielerin Ingrid Steeger ist klein und zierlich. Sie wirkt fast zerbrechlich, doch das ist sie eben gerade nicht. Sonst hätte sie die Aufs und Abs in ihrem Leben sicher nicht so gemeistert, dass sie öffentlich und ziemlich frei heraus darüber reden kann. Auch an einem Aprilabend im Café Nenninger in Kassel in Petra Nagels neuer Talk-Reihe „Kassel prominent“.
Ingrid Steeger war für einige Wochen in Kassel zuhause. Denn in Kassel feierte sie zusammen mit einem exzellent besetzten Ensemble in der Komödie monatelang große Erfolge mit dem Stück „Jackpot“. Die traurig-komische Geschichte eines Ehepaares, dass sich so gerade mal finanziell durchschlägt.
Er ist arbeitsloser Schauspieler und lebt von Hartz IV, sie ist Angestellte in einer Anwaltskanzlei. Und dann kommt der Lottogewinn, der Jackpot – der eben keiner ist…
„Erst wollte ich in dem Stück nicht mitspielen“, sagt die 64-Jährige und blickt kokett über ihre rote Lesebrille. Verständnisvolles Nicken im mucksmäuschenstillen Publikum. Klar, das Stück hat viel mit dem Leben der Schauspielerin gemeinsam. Dass sie pleite war, drei Monate Hartz IV bezogen hat, jetzt wieder auf dem Weg in ein geregeltes finanzielles Leben ist – all das konnte man den Boulevard-Blättern längst entnehmen. „Die wussten alles“, erzählt sie, „was blieb mir anderes übrig, als offensiv mit der Situation umzugehen?
Hartz IV auf der Bühne und im richtigen Leben
Und das tut sie. Plaudert über eine Menge Geld, das ihr entglitten sei. So richtig aufgepasst habe sie auf ihr Geld nicht, sagt sie. Es gab viele Berater, eine unfähige Steuerberaterin – aber keinen Überblick. „Außerdem habe ich ein kleines Helfer-Syndrom“, verrät sie durchaus selbstiro-nisch. Gerade den Männern ihres Lebens kam das zugute. Da war sie nicht geizig, wenn finanzielle Hilfe benötigt wurde. Dazu das unstete Künstlerleben, da habe sie den Überblick verloren. Selbstkritisch fügt sie hinzu, dass sie daraus lernen müsse und die Schuld nicht auf andere abwälzen könne.
Hartz IV habe ihr übrigens sehr geholfen, außerdem habe die Situation sie wachgerüttelt, bekennt sie offenherzig. Erst sprangen noch Freunde ein und zahlten ihr die Münchener Wohnung. Doch irgendwann habe eine Freundin sie zum Sozialamt geschleppt, damit sie sich der Situation stelle. „Das war meine Rettung“, sagt Ingrid Steeger, die in den 80er Jahren als Tochter Gabi in der ARD-Serie Klimbim jahrelang über die Bildschirme flimmerte.
Mit Klimbim in der ARD auf Erfolgskurs
Klimbim – für viele ist das heute eine Kult-Serie. Doch damals, so erinnert sie sich, habe sie mehr geweint als gelacht bei den Dreharbeiten. Regisseur Michael Pfleghaar sei sehr streng gewesen, gerade mit ihr. Zudem sei sie ja mit ihm liiert gewesen, das habe es doppelt schwierig gemacht. Wenn Ingrid Steeger erzählt, fehlt nie das Quäntchen Selbstironie, aber auch der Hauch des Bedauerns, dass es so und nicht anders gelaufen ist. Dem stellt sie sich mutig und mit dem Wissen: Niemand ist vor Krisen geschützt, jeder macht Fehler. Vielleicht ist es diese Art, die Ingrid Steeger gerade ein Comeback in die Herzen vieler Menschen ermöglicht.
Comeback in die Herzen der Menschen
Die große Wohnung in München hat sie aufgegeben, bewohnt ein kleines Appartement. Das Jackpot-Ensemble ist so erfolgreich, dass das Stück demnächst in Lübeck und in Bremen läuft. Ingrid Steeger arbeitet sich wieder aus ihrer Lebenskrise heraus. Sie träumt von einem Haus in Hamburg, zusammen mit mehreren Freundinnen und vielen Tieren. Tiere, besonders Hunde, gehören zum Leben der gebürtigen Berlinerin. Seit neuestem ist Welpe Eliza Doolittle, ein Geschenk der Komödie in Kassel, mit von der Partie. Eine verspielte Yorkshire-Terrier-Dame, die gerade auf ihr turbulentes Leben als Theater-Hündin vorbereitet wird. Und Frauchen macht ganz klar: „Der Hund kommt immer mit. Kein Engagement ohne Hund.“