Voll inkorrekt – voll böse

Der Berliner Karikaturist OL lässt keinen menschlichen Abgrund aus

Mal mit schwarzem Humor, mal politisch unkorrekt, aber immer komisch. OL zeichnet wie es sein soll: überraschend, unzensiert und mit hoher grafischer Qualität. Seine Arbeiten erscheinen manchen als bitterböse Provo-kation, anderen als genau beobachtete Szenen und Streiflichter einer Wirklichkeit, die zunehmend ungemütlich ist. Fest steht: OL gibt immer alles, kein menschlicher Abgrund ist zu tief, keine Gemeinheit lässt er aus, Tabus kennt er nicht. Trotzdem enthält sein hintergründiger Humor überaus viel Tiefgang. Ungewöhnlich wie der Inhalt sind die Formate der Zeichnungen: Schmale Streifen, die eine für Cartoons einzigartige Panoramaperspektive eröffnen.

OL. Berliner Schnauze mit Biss. Foto: OL

OL. Berliner Schnauze mit Biss. Foto: OL

Schöner gentrifizieren
So etwa auch in der Serie „Die Mütter vom Kollwitzplatz“. Hier zeigt der gebürtige Berliner auf, wie es sich richtig gentrifiziert. Die Cartoons sind Satiren auf den Alltag im ehemaligen Szeneviertel Prenzlauer Berg, die mit der schnoddrigen Berliner Sprache und den Ansichten seiner Protagonistinnen eine skurrile Vollendung finden. „Die Mütter vom Kollwitzplatz“ erscheint seit 2005 wöchentlich im Magazin der Berliner Zeitung und wurde, zusammen mit der analogen Serie „Die Väter vom Helmholtzplatz“, 2013 vom Lappan Verlag als Buch herausgegeben.

Foto: OL

Quelle: OL

OL vs. Helmut Markwort
1995 wurde im Berliner Stadtmagazin Zitty eine OL-Parodie des bekannten Focus-Slogans „Fakten, Fakten, Fakten – und immer an den Leser denken“ veröffentlicht. Der damalige Focus-Chefredakteur Helmut Markwort klagte und erhielt 15.000 DM. Als das Satiremagazin Titanic 1996 aus Protest gegen das Urteil des Berliner Landgerichts die Zeichnung im Zusammenhang mit Markworts Vergangenheit als Darsteller in Sex-Filmen erneut publizierte, forderte dieser noch einmal 60.000 DM. Diesen Prozess verlor Markwort. Darüber hinaus führte das von nun an gesteigerte öffentliche Interesse dazu, dass der Cartoon in nahezu allen namhaften Medien nachgedruckt wurde.

Originale verbrannt
OL, 1965 geboren als Olaf Schwarzbach, arbeitete nach einer Lehre als Offsetdrucker als Kupferdrucker beim Staatlichen Kunsthandel der DDR. Mit sechzehn hatte er zum ersten Mal Kontakt zur Staatssicherheit, die ihn wegen seines Nachnamens fortan Forelle nannte. Als die Stasi während der Durchsuchung einer Wohnungsausstellung Kopien seiner systemkritischen Comics beschlagnahmte, verbrannte er nahezu alle seine Originalzeichnungen und floh nach München. Diese und andere Ereignisse schildert er in seiner 2015 erschienenen Autobiographie „Forelle Grau“.

Foto: OL

Foto: OL

Cosmoprolet
Seit 1991 lebt er wieder in Berlin und arbeitet als freiberuflicher Cartoonist. In den Jahren 2003 und 2012 erhielt er den „Geflügelten Bleistift“ in Bronze beim Deutschen Karikaturenpreis. Bekannt wurde unter anderem auch sein „Cosmoprolet“, ein Antiheld, den er seit 2007 für das Berliner Stadtmagazin Tip zeichnet. „Wir wollten einen festen Platz für OLs Witze und wünschten uns einen eigenen Charakter, der in jeder Ausgabe ein neues Abenteuer erlebt“, sagt Tip-Chefredakteur Heiko Zwirner. Bekommen hat er einen ganz besonderen Helden: „Der Cosmoprolet ist die wohl stoischste Figur in der Geschichte der gezeichneten Superhelden.“

Beste Bilder
Ausstellung: 28. November 2015
bis 6. März 2016
Eröffnung: 27. November 2015, 19.30 Uhr
Öffnungszeiten: Di bis Sa 12 bis 19 Uhr und So, feiertags 10 bis 19 Uhr
Ort: Caricatura – Galerie für Komische Kunst im KulturBahnhof, Rainer-Dierichs-Platz 1, 34117 Kassel
Kontakt: www.facebook.com/caricaturagalerie / www.caricatura.de

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