„Das Spiel spielt die Menschen, nicht die Menschen spielen das Spiel.“ Diese Aussage aus dem systemischen Denken weist darauf hin, wie wertvoll es ist, wenn Führungskräfte sich dem Thema „Spiel-Regeln“ in ihren Wirkungskreisen zuwenden. Sie müssen sich als Beteiligte von Zeit zu Zeit aus dem Spiel herausnehmen, um es sich mit Abstand anzuschauen und zu bewerten.
Als außenstehende Berater fallen uns Spielregeln, die geschriebenen oder ungeschriebenen Gesetze, leichter auf, als wenn wir fester Teil des Unternehmens wären.
Ein paar Beispiele ziemlich hinderlicher Spielregeln sind:
· Mehr Erfolg heißt automatisch mehr arbeiten!
Fleiß ist sicher die wertvollste Tugend im Unternehmen. Es wird alles dem betriebswirtschaftlichen Erfolg untergeordnet. Man arbeitet bis zum Umfallen – kaum jemand denkt darüber nach, wie entlastet und angepasst werden kann! Die meisten Unternehmensprozesse bleiben trotz Wachstum und Veränderung die gleichen – sie werden damit zu Burnout-Prozessen!
· Je höher die Hierarchie, desto höher die Kompetenzen!
„Kundenorientierung“, „Verbindlichkeit“ und „Lösungsorientierung“ werden in allen Hochglanz-Imagebroschüren und Internetseiten fulminant beschworen – aber: Entscheiden dürfen nur Hierarchien! Antwortbriefe an Kunden bleiben Tage liegen, weil die kompetente Führungskraft unterwegs ist! Kundenrückrufe bleiben aus, weil intern keine Zeit für Antworten ist! Sachbearbeiter bearbeiten Kundenanliegen, können aber nicht entscheiden – sie bereiten nur mit Sachverstand vor, was an anderer Stelle zeitverzögert entschieden wird. So kommt es zu Aussagen, wie „Dafür bin ich nicht zuständig.“ oder „Da muss ich erstmal den Chef fragen.“ …und dieser ist dauerüberlastet! Nützlicher ist es Arbeitsprozesse zu vereinfachen und Entscheidungen gleich dort zu fällen, wo sie anfallen und der entsprechende Sachverstand vorhanden ist.
· Zwänge statt Ziele – der Verkauf nach innen ist schwieriger als der Verkauf in den Markt!
Erst gibt es ein ewiges Gefeilsche bei Zielvereinbarungen, so dass sich kaum noch jemand auf das neue Jahr oder Quartal freut. Sobald man die Ziele im Sack hat, wird gebunkert! Kollegen und Abteilungen werden zu Gegnern. Das gemeinsame Ziel wird aus den Augen verloren, statt gemeinsam daran zu arbeiten.
· Alle Macht den Abwesenden!
Sobald nur EIN „Wichtiger“ fehlt, geht es nicht weiter. Urlaub und Dienstreisen schieben Projekte und Entscheidungen nach hinten. Terminabsprachen und Ergebnisse werden unendlich schwierig.
· Arbeitskreise kreisen durch das Unternehmen!
…und Projekte auch! Die größte Ressourcenverschwendung besteht in zu großen Teilnehmerzahlen! Die pauschale Annahme ist, dass durch bloße Teilnahme Zustimmung entsteht. Besser wäre eine knackige Arbeitsgruppe, die rechtzeitig andere informiert oder einbezieht.
· Sitzungen sind der Sieg des Hinterns über den Geist!
Meetings sind zumeist unvorbereitet – man stolpert zum Thema hinein und sitzt es gelangweilt ab. Kreative Methoden, Tagesordnungen mit klaren Zielen, ordentlichen Vorbereitungen und einzelnen Zeitangaben zu den Themen fehlen zumeist. Und müssen denn alle Meetings im Sitzen stattfinden? Stehtische sorgen nicht nur für eine gerade Haltung!
Ist nun Ihre Aufmerksamkeit für die internen Spielregeln geschärft? Fallen Ihnen noch weitere Spielregeln ein? Wenn ja, gut! Aber erkannt heißt noch nicht gebannt. Jetzt geht es darum Alternativen zu entwickeln, um das Spiel mit anderen Regeln zu spielen. Es gilt zu gestalten, statt nur mitzuspielen!
Ilka Jastrzembowski