Geheimzahlen ganz geheim

Kolumne
Geheimzahl falsch“ – grauenhaft. Hinter mir im Supermarkt eine Schlange. Vor mir türmt sich ein Wochenendeinkauf. Der Kassierer schaut mich streng an. Neben mir ein Mini-Terminal mit meiner EC-Karte. Mir schwante Fürchterliches. Ich habe eine Ultra-Card für mein Handy im Autotelefon. Die hat eine PIN-Nummer. Mein Handy hat eine Pin-Nummer und eine Sperrnummer für die Tastatur. Mein zweites Handy hat eine Pin-Nummer und ist das Handy meiner Eltern. Die merken sich die Pin-Nummer aber nicht. Meine EC-Card hat eine Geheimnummer. Ich habe nichts systematisiert und auch noch diverse Passwörter, die Kombinationen aus Buchstaben und Zahlen haben. Zaghaft wage ich einen zweiten Versuch. Mir ist die Quersumme meiner Bankgeheimzahl eingefallen. Die habe ich irgendwie rückwärts gerechnet und geteilt – es hat geklappt. „Zahlung erfolgt“, erlöst mich mit einem ratschenden Geräusch und ich kann glücklich einpacken. Der Kassierer schaut mich nochmal streng an, die übrigen Warter ebenfalls und ich schaue beschämt nach unten. Wahrscheinlich haben sie gerade die Quersumme meines Alters errechnet und mit meiner Note in Mathematik multipliziert. Da kann nichts Gutes herausgekommen sein.

Petra Nagel. Foto: Mario Zgoll

Petra Nagel. Foto: Mario Zgoll

Jedenfalls bin ich der Supermarktkasse glücklich entronnen. Und gehe schnell zur Bank, um Bargeld abzuheben und Überweisungen zu tätigen. Es sei an dieser Stelle gebeichtet, dass ich mich bisher erfolgreich dem Online-Banking verweigere. Und das obwohl mein Sachbearbeiter mich immer streng anschaut und mir erklärt, sogar seine Mutter könne das. All das geht mir durch den Kopf, als ich mühselig die IBAN eintrage und mich dauernd bei meiner Kontonummer verschreibe. Die ich mir noch nie merken konnte. Oder merken wollte. Allerdings geht es ohne die ganze Merkerei nicht mehr. Wenn ich mein Laptop anschmeiße, muß ich ein Passwort eingeben. Für mein email-System auch. Am Büro-PC gilt ein anderes Passwort. Wenn ich die Bonus-Punkte von der Bahn abrufen will, brauche ich ein Passwort. Auch bei meinem Lieblings-Online-Versand. Natürlich. Wie sollte es auch sonst gehen? Mit Geheimzahlen und Passwörtern zittere ich mich durchs Leben. Und sie heißen ja Geheimzahlen, weil sie so geheim sind, dass sie selbst mir nicht einfallen.

Irgendein Experte hat mal zu mir gesagt, ich solle sie möglichst originell wählen. Das habe ich getan. So originell, dass mir zum Teil nicht mehr einfällt, was ich vor Jahren originell fand. Als ich meinen Handy-Vertrag abgeschlossen habe, gab es ja noch Telefone mit Hörer! Neulich wollte ich den Vertrag ändern und wurde nach meinem Passwort gefragt. Das war aus dem vergangenen Jahrtausend!!! Ich musste heftig überlegen. Steinzeit hieß es nicht, aber so ähnlich. Bloß nicht aufschreiben, hat man mir mal geraten. Mittlerweile lachen die Experten und fragen mich, wie ich mir denn ohne Aufschreiben alles merken kann. Jüngst fiel mir in der Autowerkstatt mein Auto-Kennzeichen nicht ein. Der Monteur wollte es auf den Auftrag schreiben. Er sah mich ganz komisch an. Bis mir einfiel es könnte eine Kombination aus Vornamen, Nachnamen, Geburtstag und Heimatstadt sein. Das Auto hupte erfreut, als ich es richtig benannt hatte. Und ich habe mir für 2015 vorgenommen endlich mal meine Bankleitzahl auswendig zu lernen.

In diesem Sinne einen guten Start in den Frühling
wünscht Petra Nagel

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