Niemand weiß, was den damals 48-jährigen Frank Searle im Sommer 1969 dazu bewog, am Ufer des idyllisch in den schottischen Highlands gelegenen Loch Ness sein Zelt aufzuschlagen und für die folgenden 14 Jahre dort auszuharren: immer in Erwartung von Nessie, dem sagenumwobenen Seeungeheuer. Zu diesem Zeitpunkt, Jahrzehnte nach der ersten Zeitungsmeldung über das »Monster« und Hunderten von folgenden »Sichtungen«, hatte der den schottischen Tourismus noch immer stark beflügelnde Hype um das mal einem längst ausgestorbenen Wassersaurier, mal einer Seeschlange gleichende Untier längst eine nicht mehr zu stoppende Eigendynamik entwickelt, die etwa 1987 darin gipfelte, dass eine Expedition von 25 Motorbooten den gesamten See mit Schallwellen einem Komplett-Scan unterzog.
Phantasiewesen oder nur verborgen?
Fündig wurde auch sie nicht, was Einheimische selbstverständlich der Cleverness von Nessie zuschreiben, von der schon aus dem Jahre 565 überliefert ist, dass ihr der Heilige Columban damals angeblich einen unvorsichtigen Schwimmer entwinden konnte. Doch überall auf der Welt wird immer wieder von abenteuerlichen Kreaturen berichtet, denen die Wissenschaft bislang noch nicht erfolgreich zu Leibe rücken konnte. In welchen Fällen es sich dabei aller Wahrscheinlichkeit nach um Missverständnisse oder Phantasiewesen handelt und welche der angeblich gesichteten Tiere vielleicht tatsächlich noch im Verborgenen existieren – und wenn, unter welchen realistisch anzunehmenden Umständen – ist nicht nur die Fragestellung der in den 50er Jahren begründeten Kryptozoologie, sondern zugleich das Thema der diesjährigen zentralen Sonderausstellung »Monster?« des Kasseler Naturkundemuseums.
Ein Elefant für Odysseus
Insbesondere mit den großformatigen, extra für diese Ausstellung geschaffenen Exponaten ist Museumsdirektor Dr. Kai Füldner und seinem Team erneut ein spektakulärer Publikumsmagnet gelungen, der überdies gelegentlich zu unerwarteten Erkenntnissen führt. So entpuppt sich der Ursprung der aus der griechischen Mythologie bekannten Zyklopen, der einäugigen Riesen, denen sich etwa ein Odysseus stellen musste, als in den Skeletten einst am Mittelmeer lebender Zwergelefanten zu suchender, denn deren runde Nasenöffnung sitzt just dort, wo die Augenhöhle eines Zyklopen liegen müsste. Ausgangspunkt für die märchenhafte Gestalt des Einhorns waren demnach, ganz unprosaisch, die ersten Begegnungen der Römer mit indischen Panzernashörnern – offenbar nachhaltige Eindrücke, auf der Flucht (oder aber aus re-spektvoller Distanz) eher grobkörnig festgehalten.