Stadtmuseum Kassel öffnet nach Millioneninvestition in 2015 mit neuem Konzept
Es ist ein buntes Sortiment, manchmal auch ein bisschen kurios. Genauso vielfältig wie die Stadt Kassel selbst.“ Launig erzählt Dr. Cornelia Dörr von ihrer Museumssammlung zur 1.100-jährigen Geschichte Kassels. Genauer gesagt, wo sie ab Sommer 2015 präsentiert wird. Und ein bisschen Humor kann die Leiterin des Stadtmuseums Kassel auch gebrauchen. Denn während die Sanierung des historischen Gebäudes am Ständeplatz für 11,9 Millionen Euro läuft, steckt ihr Team in viel Arbeit. Bis zur Neueröffnung müssen rund 100.000 Ausstellungsobjekte einen neuen Platz finden. „Allein der Umzug in die neuen Depots wird ein logistisches Kunststück. Denn die Herausforderung besteht darin, alles zu sichten, zu identifizieren und später auch wiederzufinden“, erklärt die Museumschefin. Die Auswahl der Exponate für die Ausstellung, Basis für das neue Museumskonzept, stehe bereits. Dessen Ziel sei es, noch mehr als die früher 15.000 Besucher jährlich anzulocken, zusätzliche Zielgruppen wie Stadttouristen anzusprechen und weiterhin, besonders für Schulklassen, einen zeitgemäßen und interaktiven Lern- und Erlebnisort zu schaffen.
KasselFoyer geplant
Doch noch präsentieren sich die Innenräume der Baustelle in Betongrau und die lebhafte Museumschefin ist im roten Trenchcoat der einzige Hingucker. Vor Augen hat sie aber schon alles. Voller Tatendrang erzählt Dr. Dörr im Erdgeschoss vom geplanten KasselFoyer, wo eintrittsfrei auf Eigentümlichkeiten Kassels und das neue Museum neugierig gemacht werden soll. Ein paar Treppen höher und schwere Atemzüge später wartet ein weiteres Highlight: Im obersten Geschoss des neu angebauten Geschichtsturms, in dem wechselnde Ausstellungen stattfinden werden, begeistert von der Stadtloggia ein atemberaubender Blick auf das heutige Stadtpanorama.
Historischer Stadtrundgang
Insgesamt wächst die Ausstellungsfläche von 600 auf etwa 1.100 Quadratmeter und erstreckt sich über vier Etagen. Platz genug für einen „Historischen Stadtrundgang“ mit „Vertiefungsräumen“, einen Veranstaltungsbereich mit museumspädagogischer StadtWerkstatt, Vortragsraum und Museumshof, Benutzerbibliothek und Bildarchiv sowie Räume für die Museumsverwaltung, die Ausstellungsvorbereitungen und das Zwischendepot.
„Es geht uns nicht nur darum, über die Anfänge Kassels als Residenzstadt die Emanzipation des Bürgertums, die Industrialisierung sowie Krieg, Verfolgung, Zerstörung, Wiederaufbau und Migration im 20. Jahrhundert zu informieren“, betont die Leiterin des Stadtmuseums, „es geht auch darum, daraus erwachsene, aktuelle, Fragen zu Gegenwart und Zukunft der Stadt reflektieren zu können.“ Schon für 2015 seien in Kooperation mit dem Stadtarchiv und documenta-Archiv Sonderausstellungen zu den „Stadtchronisten Foto Eberth“ und dem Thema „Utopie documenta“ geplant. Insgesamt wolle das Stadtmuseum in Kooperation mit vielen Institutionen, Vereinen und Initiativen Kassels lebendiger „Gedächtnisspeicher“ und kommunikativer Ort für die ganze Stadtgesellschaft sein.
Sanierung mit Überraschungen
Möglich ist das nach Abschluss der Sanierung des Museumsgebäudes aus dem Jahr 1871, die in 2012 startete und eigentlich 2013 zur Jubiläumsfeier beendet sein sollte. Aber die hatte es laut Axel Jäger, Leiter des städtischen Hochbauamtes, durchaus in sich und verzögerte sich dadurch. „Es gab Überraschungen hinsichtlich Schadstoffen und unzureichender Fundamentierung“, erzählt der Experte, weist aber auch daraufhin, dass bei historischen Gebäuden mit solchen Risiken immer gerechnet werden müsse. Die Investition habe sich von ursprünglich im Stadtetat veranschlagten 7,5 auf jetzt 11,9 Millionen Euro verteuert. Allein die Haustechnik schlage mit über 2,5 Millionen Euro zu Buche, weil die raumklimatischen Anforderungen in einem Museumsbau sehr ehrgeizig seien, „damit sich Kunstwerke und Besucher gleichermaßen wohlfühlen“.
Das Stadtmuseum
Das Stadtmuseum wurde 1979 gegründet und zählt damit zu den jüngsten Museumseinrichtungen Kassels. Mit der Hilfe des Fördervereins „Freunde des Stadtmuseums Kassel e.V.“ etablierte es sich durch viele Sonderausstellungen schnell zum „historischen Gedächtnis“ der Stadt. Die Spannweite der Ausstellungsobjekte reicht von Alltagsgegenständen bis zu hochwertigen Kunstwerken vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Schwerpunkte bilden qualitätsvolle Stadtansichten, Porträts, Historien- und Ereignisbilder, die von namhaften Künstlern der Kasseler Kunstakademie geschaffen wurden. Der quantitative Schwerpunkt der Sammlung liegt auf dem 19. und 20. Jahrhundert. Hinzu kommt ein umfangreiches Bildarchiv historischer Fotografien.