Anfang 2017 eröffnet ein einzigartiges Hotel und Restaurant mit Tagungsräumen seine Pforten im ältesten Gebäude der documenta Stadt Kassel. In über 700 Jahren ist der Renthof unterschiedlich genutzt worden: Zu Beginn als Karmeliterkloster und als Hofschule, Ritter-Akademie, Universität, Gericht, Archiv, später war er ein Lebensraum für Senioren. Seit ca. 1580 hat der Renthof mit erheblichen Umbauten, Zerstörungen, Veränderungen und unterschiedlichsten Nutzungen eine wechselvolle Geschichte erfahren, die zum Teil noch in der Fassade und der Baustruktur ablesbar ist. Der Bestand wird in umfangreichen Teilen erhalten und nur dort, wo es erforderlich ist, werden behutsame Eingriffe in die bestehende Gebäudestruktur vorgenommen. Für mehrere Millionen Euro wird der historische Renthof am Steinweg in ein Hotel mit Gastronomie – unter Prämisse der denkmalgerechten Sanierung – umgebaut. Im ersten Quartal 2017, rechtzeitig vor der erwarteten Voll-Auslastung zur documenta, soll das Hotel mit seinen geplanten 55 Zimmern dann eröffnen.
Die Macher im Hintergrund
Als interdisziplinäres Team haben sich Gastronom Rainer Holzhauer, Investoren Uwe Kleinkauf und Kirstin Homburg-Kleinkauf, Architekt Joachim Groger und die Mitarbeiter des Architekturbüros ATELIER 30 zusammengefunden, um den Renthof mit Kreativität, Enthusiasmus und Umsetzungskraft in ein inhabergeführtes historisches Hotel und Restaurant mit individuellem Charme im Zentrum unserer Stadt zu verwandeln.
Rainer Holzhauer gilt als geborener Gastronom, der es versteht Räume, Gastlichkeit und Essen zu einem bleibenden Erlebnis zu verbinden. Bei zahlreichen Gelegenheiten stellte er unter Beweis, wie historische Orte kreativ und mit viel Gefühl für die Umgebung gastronomisch belebt werden können. Die WELL Group wurde im Jahr 2009 von Uwe Kleinkauf und Kirstin Homburg-Kleinkauf gegründet. Im Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit stehen die Themen Unternehmensentwicklung, -beteiligung und -beratung. Spezialisiert hat sich die WELL Group hierbei auf die Bereiche erneuerbare Energien sowie Ernährung und Gesundheit. Der Architekt Joachim Groger beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Erhalt und den Umbau von denkmalgeschützter Bausubstanz. Sein zentrales Anliegen ist das Aufspüren und Bewahren von vorhandenen Qualitäten mit dem Ziel, eine atmosphärische, emotional dichte Architektur herzustellen. Seit rund 15 Jahren arbeitet das Team von ATELIER 30 mit Erfolg und großer Leidenschaft in einem breiten Aufgabenspektrum der Architektur. Auch die beiden, dem Renthof zugehörigen Gebäude, die Umnutzung der Alten Brüderkirche und der Umbau des ehemaligen Theaterfundus mit Zwischenbau wurden von ATELIER 30 projektiert. Beide Projekte wurden mit Architekturpreisen ausgezeichnet, vielfach veröffentlicht. Das Projekt der Alten Brüderkirche war im deutschen Architekturmuseum in Frankfurt ausgestellt.
Jedes Zimmer soll seinen eigenen Charme erhalten
Eigenwillige Collagen aus eleganten Stilmixturen – so wie die Gebäudeteile der Jahrhunderte selbst – werden das Hoteldesign mit einem Sinn für das Besondere und Schöne vom großen bis ins kleinste Detail prägen. Auf das Zusammenspiel von alten Balken und Steinmauern wird großen Wert gelegt und ungezwungene, entspannte und authentische Atmosphäre soll entstehen. Bei den Arbeiten wurde unter anderem eine bislang unbekannte Treppe in den Gewölbekeller sowie ein zugemauerter Torbogen entdeckt. Der wird jetzt der zentrale Durchgang vom Eingangsbereich zum Restaurant. Schon jetzt fällt auf, dass der Autoverkehr von der Brüderstraße weder im Innenhof noch im Gebäude zu hören ist.
Eine schmale, hohe Öffnung verbindet die Bar mit dem Restaurant im Gebäudeteil des 18. Jahrhunderts. Eine lange Tafel in der Mitte des Raumes, an der immer noch ein Platz zu finden ist, gemütliche Polsterbänke vor den Fensternischen und auf der Hofseite viele kleine Bistrotische laden zum genussvollen Speisen ein. Durch die offene Verglasung kann man dem kreativen Treiben in der Küche zu schauen. Gerichte mit überwiegend regionalen Zutaten werden hier für Veganer, Vegetarier und Carnetarier gleichermaßen neu interpretiert. Vom Restaurant aus kann man in den für Kassel einzigartigen Innenhof blicken. Auf einer Seite wird der Hof von der Fassade der Alten Brüderkirche begrenzt. In der Kirche wird jede Veranstaltung mit bis zu 300 Personen ein besonderes Ereignis. Nebenan, im festlich geschmückten Saal mit seiner besonderen 60er-Jahre Architektur, können Gäste mit bis zu 80 Personen ausgelassen oder gediegen feiern. In einem der 53 Zimmer oder in den zwei Suiten werden die Gäste verwöhnt. Jedes Zimmer von 11 bis 40 Quadratmeter ist in seinem Zuschnitt und in der Gestaltung ein Unikat.
Zur Geschichte: Das Kloster wurde im 13. Jahrhundert gleichzeitig mit der angrenzenden Kirche erbaut. In den Jahren 1598 und 1599 wurde das Kloster, das nach der Einführung der Reformation in der Landgrafschaft Hessen 1526 säkularisiert worden war, zur Hofschule umgebaut. Der berühmteste Schüler aus dieser Zeit war Heinrich Schütz, der von 1612 bis 1617 Organist in der Kassler Hofkapelle war. In den Jahren 1617 und 1618 erfolgte ein erneuter Umbau zur Ritterakademie Collegium Mauritianum. Diesen Bauarbeiten entstammt auch der älteste erhaltene Kasseler Brunnen – der Apollo-Brunnen. Von 1633 bis 1653 bestand an der Hofschule die Universität Kassel, die von Landgraf Wilhelm V. eingerichtet wurde, da Marburg und damit die dortige Universität durch Erbstreitigkeiten vorübergehend an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt gefallen waren.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden mehrere hessische Oberbehörden und Gerichte im Gebäude, als Erweiterung des angrenzenden Kanzleigebäude, angesiedelt. Die Bezeichnung Renthof leitet sich von diesen frühen Verwaltungsbehörden ab.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Gebäudekomplex teilweise zerstört. Nach dem Wiederaufbau zog der damalige Verein für Volkswohl, die heutige Sozialgruppe Kassel, in das Gebäude ein. Sie unterhält dort ein Pflegeheim für alte Menschen. Die Nutzung als Pflegeheim wurde im Sommer 2013 aufgegeben und die Bewohner zogen in einen Neubau. Es wurde länger nach einer Nachnutzung des Gebäudes gesucht und im November 2014 bekanntgegeben, dass das Gebäude an einen Finanzinvestor und einen Gastronomen verkauft wurde.
Zahlen & Fakten:
Eröffnung Anfang 2017
53 Zimmer (5 Kategorien und ein behindertengerechtes Zimmer) und 2 Suiten, insgesamt
93 Betten, Restaurant mit 100 Gastplätzen, Bar mit 40 Gastplätzen, Die Alte Brüderkirche für Veranstaltungen mit bis zu 300 Gästen,
2 Veranstaltungsräume: Bibliothek (44 qm) für 20 Gäste und Saal für 80 Gäste, Innenhof mit 30 Gastplätzen
Zentrale Lage: Theater, Markthalle, Königsplatz, Museen, Karlsaue, Erlebnisbad und vieles mehr in unmittelbarer Nachbarschaft
Fotos: Andre Boeing, Jens Distelberg, Christian Schauderna