Ein Mann des klaren Wortes

Nachruf auf Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke
Offiziell hätte die Dienstzeit Dr. Walter Lübcke am 31. März 2019 geendet. Auf Wunsch von Ministerpräsident Volker Bouffier war der Regierungspräsident noch mal in die Verlängerung gegangen. In der Nacht zum 2. Juni 2019 wurde er vor seinem Wohnhaus in Wolfhagen-Istha erschossen.

Dr. Walter Lübcke wurde am 2. Juni im Alter von 65 Jahren erschossen. Foto: Regierungspräsidium Kassel

Dr. Walter Lübcke wurde am 2. Juni im Alter von 65 Jahren erschossen. Foto: Regierungspräsidium Kassel

Walter Lübcke war kein abgehobener, unnahbarer Politiker, er war ein Mensch, der sich nicht verstellte, geradlinig und ernst in der Sache, nicht selten aber auch lausbübisch und gewitzt. Am 22. August 1953 in Bad Wildungen geboren, wuchs Lübcke im Edertal auf, wo er 1967 die Hauptschule abschloss, danach die Berufsfachschule und 1972 die Lehre zum Bankkaufmann. Er besuchte im Anschluss die Fachoberschule, absolvierte während seines achtjährigen Wehrdienstes eine Ausbildung zum Personalfachkaufmann und wurde 1982 Assistent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der documenta 7.

Personalwirtschaft und Arbeitsökonomie
Bereits 1981 begann er sein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Gesamthochschule Kassel mit dem Schwerpunkt Personalwirtschaft und Arbeitsökonomie. Von 1986 bis 1999 arbeitete er als freier Referent für wirtschaftspolitische Themenstellungen sowie Leiter des Instituts für berufliche und politische Bildung in Rosbach und ab 1989 auch als Direktor der Jugendbildungsstätte des Landes Thüringen in Ohrdruf. Während dieser Tätigkeiten promovierte er 1991 zum Thema „Die frühen wirtschaftlichen Planungsversuche in der Sowetunion 1924 – 1928 – Sozialismus zwischen Utopie und Pragmatismus“.

Zehn Jahre im Landtag
1999 zog Dr. Walter Lübcke in den Hessischen Landtag ein, wirkte als Verkehrspolitischer- und Weiterbildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion und als Unterausschussvorsitzender Heimatvertriebene, Flüchtlinge und Wiedergutmachung.

Zehn Jahre RP
Am 21. Mai 2009 folgte Dr. Walter Lübcke auf Vorschlag des ehemaligen Ministerpräsidenten Roland Koch dem damaligen Regierungspräsident Lutz Klein als Regierungspräsident für den Regierungsbezirk Kassel. Viele Entscheidungen in großen wie kleinen Verfahren konnte das Regierungspräsidium unter seiner Ägide begleiten: zahlreiche Verfahren rund um den Bergbaukonzern K+S, vielfältige Infrastrukturprojekte (A66, A44, DB-Projekte usw.), die komplizierte Abwicklung des Airport-Baus Kassel-Calden, naturschutzrechtliche Verfahren wie die Ausweisung des Nationalparks Kellerwald-Edersee, neuer Schutzgebiete, die Wasserbewirtschaftung des Edersees sowie viele Vorhaben im Rahmen der Energiewende in Hessen.

Digitale Modellbehörde
Eher von der Öffentlichkeit unbemerkt baute er das Regierungspräsidium strukturell und personell um und richtete es auf die Anforderungen der Zukunft aus. Heute ist das RP unter anderem „digitale Modellbehörde“ des Landes und nimmt Aufgaben für das gesamte Bundesland zentral wahr.

1.300 nahmen Abschied
Sein zehnjähriges Dienstjubiläum feierte Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke nur wenige Tage vor seiner Ermordung. Mit seiner langen Amtszeit war er der am drittlängsten regierende Regierungspräsident in Kassel. Am 13. Juni nahmen 1.300 Menschen in der Kasseler Martinskirche Abschied von Walter Lübcke, den Bischof Martin Hein als Mann des klaren Wortes und der klaren Tat würdigte.

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