Anmut sparet nicht noch Mühe

Für ihre – so die offizielle Begründung – „besondere Kunst, mit der Kraft des gesprochenen Wortes Gefühle und Stimmungen zu erzeugen und für ihr Engagement beim Festspiel der deutschen Sprache“ erhielt Katharina Thalbach (62), eine der renommiertesten deutschen Theater- und Filmschauspielerinnen, den mit 30.000 Euro dotierten Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache.

Laudator Gregor Gysi (Mitglied des Deutschen Bundestages), Preisträgerin Katharina Thalbach und Eberhard Schöck (Eberhard-Schöck-Stiftung) Foto: Harry Soremski

Laudator Gregor Gysi (Mitglied des Deutschen Bundestages), Preisträgerin Katharina Thalbach und Eberhard Schöck (Eberhard-Schöck-Stiftung) Foto: Harry Soremski

Die von der Baden-Badener Eberhard-Schöck-Stiftung und dem Dortmunder Verein Deutsche Sprache e.V. seit 2001 vergebene Auszeichnung wurde vor ihr unter anderem Loriot, Cornelia Funke, Udo Lindenberg, Ulrich Tukur und Dieter Nuhr verliehen.

Gregor Gysi, ehemaliger Fraktionschef der Linken im Bundestag, sagte in seiner Lobrede auf Katharina Thalbach: „Die Sprache ist Dein Mittel und Du hast sie für uns alle bereichert.“ Eine Kostprobe davon bot die Preisträgerin, die im November 1983 im Schauspielhaus Zürich mit dem späteren zweifachen Oscar-Preisträger Christoph Waltz aufgetreten war, mit einem Monolog aus dem von Thomas Brasch geschriebenen Stück „Mercedes“. Erst eine Stunde vor dessen Premiere habe sie diesen Text plötzlich in die Hand gedrückt bekommen, um ihn schnell noch zu lernen. „Gefühlte 20 Sekunden dachte ich: Ich töte sie nachher, und ich wurde so wütend, dass ich diesen Monolog benutzte, um all meine Wut herauszuschreien. Ich habe viel improvisiert, aber: Es ging, es ging, es ging glatt – und der Abend wurde ein Erfolg.“

Am meisten habe sie die deutsche Sprache lieben gelernt, als sie diese nicht sprechen durfte: Bei einem Engagement in Paris, wo sie in der französischen Fassung von Brechts „Mutter Courage“ mitspielte. Beim Versuch, einem für dieses Stück ebenfalls engagierten griechischen Freund während der gemeinsamen Freizeit die deutsche Sprache zu erklären, „merkte ich auf einmal, wie reich wir sind, dass alleine das Wort „Mut“ schon so viele Möglichkeiten hat: Übermut, Hochmut, Missmut, Großmut, Sanftmut, Langmut, Schwermut, Freimut, Wankelmut, Unmut, Kleinmut, Demut, Wehmut, Gleichmut, Frohmut, Edelmut, Anmut…“

Mit dem Hinweis „Die Melodie werden sie kennen, den Text vielleicht nicht“ trug Katharina Thalbach gleich daran anknüpfend ein Lied vor, „das ich liebe und normalerweise nur singe, wenn ich betrunken bin“: Bertold Brechts neue, auch als „Kinderhymne“ bekannte Textfassung für das „Lied der Deutschen“, dessen Versmaß zugleich auch auf die Nationalhymne der DDR gepasst hätte: „Anmut sparet nicht noch Mühe / Leidenschaft nicht noch Verstand / Dass ein gutes Deutschland blühe / Wie ein andres gutes Land. (…)“ Durchaus bewegend, folgte minutenlanger Applaus von den rund 600 geladenen Gästen im „Blauen Saal“ des Kongress Palais Kassel.

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