Meine persönliche Kassel-Geschichte beginnt mit meiner Geburt in Kassel. Fast wäre ich auch ein Kasseläner geworden, die Voraussetzung von meinem Vater Wilfried Gerke war hervorragend. Die Bauunternehmung Rennert hat seit der Gründung in 1889 ihren Sitz in Wahlershausen. Geführt wird das Familienunternehmen von mir inzwischen in der fünften Generation.
Ich habe immer hier gelebt bis auf die Zeit meines Studiums und den ersten Erfahrungen in einem Betrieb außerhalb von Kassel. Doch dann zog es mich schnell zurück in meine Geburtsstadt. Hier fühle ich mich wohl und kenne mich aus. Auch bin ich natürlich etwas stolz darauf, dass ich von vielen Gebäuden weiß, die das Stadtbild mitprägen, an denen meine Familie beteiligt war und das schon seit fast 125 Jahren. Viel wurde in den Stadtteilen Wilhelmshöhe und Wahlershausen gebaut, zum Beispiel die Bürgerschule in der Schulstraße (heute Reformschule), an der Christuskirche, in der meine Frau und ich kirchlich getraut wurden, auch an den nie endenden Sanierungsarbeiten im Bergpark hat Rennert mitgewirkt.
Inzwischen bin ich mit meiner Frau und meinen Kindern in das Wohnhaus meines Großvaters eingezogen. Wir wohnen nicht weit vom Schlosspark entfernt, den ich am liebsten am Wochenende morgens, fast allein, beim Joggen rund um den Lac genieße. Fast allein heißt, dass die aufdringlichen Waschbären einem ständig auflauern, immer auf der Suche nach etwas Essbarem, leider auch in meinen Mülltonnen. Aber auch das gehört zu Kassel, schließlich ist sie die Hauptstadt der Waschbären.
Seit einigen Jahren ist Kassel im Aufschwung. Durch die Wiedervereinigung ist die Stadt aus ihrer Zonenrandlange in die Mitte Deutschlands gerückt. Unternehmen haben sich angesiedelt, die Universität wächst ständig, das Kongressgeschäft boomt und am 23. Juni ist der Bergpark Wilhelmshöhe zum Weltkulturerbe ernannt worden. Jetzt strömen die Touristen, die sonst hauptsächlich nur während der documenta kommen, nach Kassel. Sie besuchen und bestaunen den Herkules, die Wasserspiele, das Schloss und die einmalige Anlage des Parks.
Doch auch die von vielen Bürgern geschmähte Innenstadt putzt sich heraus. Kassel entdeckt die Fünfzigerjahre neu und die Gebäude aus der Wiederaufbauphase werden aufwändig saniert und umgebaut. Und rund um den Königsplatz passiert viel, neue Einzelhandelsflächen sind entstanden und am Entstehen. Nicht nur als Bauunternehmer, sondern auch als Kasselaner freue ich mich über die rege Bautätigkeit.
Tausende von Menschen besuchten während des Hessentages die vielen Konzerte, in dem hergerichteten Auestadion. Doch hauptsächlich wird dort Fußball gespielt. Und als richtiger Kasselaner bin ich natürlich KSV-Fan. Jetzt muss der KSV nur noch aufsteigen. Und wenn dann hoffentlich der Familienbetrieb in der sechsten Generation weitergeführt wird und ich mehr Freizeit habe, werde ich mit meiner Frau die Stadt am Fluss genießen, auf dem Fuldauferweg spazieren und in eine der vielen Gaststätten einkehren.
Thilko Gerke
Geschäftsführer Bauunternehmung Rennert