Die Innovationen der Sminno GmbH
Die Kasseler Sminno GmbH hat als Startup ein Produkt auf den Markt gebracht, für das es eigentlich gar keinen Markt gab: CESAcruise, die weltweit erste Freisprecheinrichtung für Fahrräder. Als die Brüder Khesrau und Sohrab Noorzaie ihre Erfindung der Öffentlichkeit vorstellten, urteilte die Fahrradbranche auf der Euro-Bike fachmännisch: „Ihr habt sie doch nicht alle. Packt eure Seifenschale wieder ein!“
Bei der pedalbegeisterten Kundschaft stieß die Neuheit aus Nordhessen zunächst ebenfalls auf wenig Gegenliebe. Sieben von zehn Radfahrern konnten mit dem CESAcruise von der Start-up-Firma aus dem Kasseler Science Park überhaupt nichts anfangen. Die Erkenntnis, dass man auch ohne Bluetooth und störende Ohrstöpsel über den Uni-Campus radeln kann, musste bei der Zielgruppe erst noch reifen. Mit anderen Worten: Die Brüder Noorzaie mussten die Werbetrommel gegen eine Legion von Nackenschlägen rühren.
Smart und innovativ
Der Aufwand hat sich gelohnt. Das mit dem Sachverstand des Maschinenbau-Ingenieurs ausgetüftelte und praktisch erprobte Design erwies sich als die Ultima Ratio, für die Sminno auf dem 25. Hessischen Unternehmertag im Wiesbadener Kurhaus in der Kategorie Innnovation als »Hessen-Champion 2016« ausgezeichnet wurde.
CESA steht für Compact Eco Sound Amplifier – ein passives Verstärkersystem, das gänzlich ohne eigene Energiequelle auskommt. Im Prinzip ist es eine universelle Handyhalterung, deren Form zwar tatsächlich entfernt an eine Seifenschale erinnert. Doch dahinter verbirgt sich eine ordentliche Portion Know-how. Dipl.-Ing. Khesrau Noorzaie nutzt geschickt das Wissen um die Physik der Schallausbreitung. Mit den simplen Gesetzmäßigkeiten der Akustik gelingt ihm eine etwa dreifache Soundverstärkung. In der computerfixierten Welt von heute hat er somit das Megaphon als sein Ei des Columbus wiederentdeckt. Sohrab Noorzaie, Bachelor of Science, sieht damit zugleich das Firmenkonzept bestätigt: Sminno ist smart und innovativ. Das Logo ist ein starker, beharrlicher Elefant, dessen Rüssel am Ende wie ein Megaphon ausgeformt ist.
Die Gene eines Patrioten
Auf dem gegen nahezu tägliche Widerstände erarbeiteten Erfolg wollen sich die Noorzaies aber nicht ausruhen. Sie sehen sich in einer hohen Verantwortung für ihr zehnköpfiges Unternehmen, für sich selbst und für ihre Eltern. „Als unser Vater Ende 1992 als politischer Flüchtling aus Afghanistan nach Deutschland kam, verlangte er von uns nur eines: Macht etwas aus euch, steht auf eigenen Füßen“, erinnert sich Sohrab, „in Deutschland habt ihr Zugang zu Bildung, alle Möglichkeiten stehen euch offen“. Dazu habe der Vater seinen fünf Kindern die Gene eines Patrioten in die Wiege gelegt. „Ich bin ein guter Deutscher und noch besserer Afghane“, sagt Sohrab mit dem Funkeln der Überzeugung in den Augen. Er könne sich zwar nicht vorstellen, je wieder in das Land am Hindukusch zurückzukehren, dem er als Zehnjähriger den Rücken kehren musste. Aber seine Wurzeln will er auch nicht einfach kappen. Und schon gar nicht will er missen, was den echten Deutschen ausmacht: „Präzision in allem, was er tut. Gründlich sein. Die DIN-Normen einführen. Stolz darauf sein, dass auf seinem Produkt ›Made in Germany‹ steht.“
Für das CESAcruise bedeutet das alles schon den nächsten Innovationszyklus. Das neue, überarbeitete Gehäuse wird mit »Longlife-Gummis« unter Spannung gehalten und baut ein wenig kompakter. Es kann mit einem KLICKfix Mini-Adapter inzwischen nicht nur am Fahrrad- oder Segwaylenker, sondern auch am Motorrad, Kinderwagen oder Rollstuhl, im Boot oder im Auto befestigt werden. Egal ob Hoch- oder Querformat, die akustische Schale ist kompatibel zu allen Smartphones mit einem Display von 3 bis 6.4 Zoll. Die anfangs noch etwas fummelige Kabeldurchführung wurde ergonomisch verbessert, sodass das Smartphone unterwegs jetzt bequem über eine Powerbank oder den Fahrraddynamo geladen werden kann.
Kein Bußgeld mehr riskieren
Richtig schick – und vor allem zeitgemäß – ist das System durch die aktuell im Hause Sminno entwickelte Software »Cruise Up« geworden. Diese App macht aus der Verbindung von Smartphone und CESAcruise ein stylisches, sprachgesteuertes Cockpit-System. Das sei insbesondere für E-Bike-Fahrer interessant, meinen die Noorzaies. „Mit dem steigenden Bewusstsein für den Klimawandel wird die Mikromobilität ein immer wichtigeres Thema“, ist sich Sohrab sicher. „Auf den Straßen im Land ist viel los. Ob Telefonie, Musikhören, die Nutzung von Navigations- oder Fitness-Apps – der CESAcruise und Cruise Up erlauben dir die Nutzung deines Smartphones während der Fahrt, ohne Ablenkung vom Verkehr. Das ermöglicht eine sichere Fahrt, mit beiden Händen am Lenker und ohne Kopfhörer. Du riskierst kein teures Bußgeld.“
Wenn man Sohrab danach fragt, warum er vor vier Jahren das Urteil der Branche nicht einfach akzeptiert hat, hebt sogar der Tüftler Khesrau für einen Moment den Blick vom Bildschirm hoch. „Weil wir nach Verbesserungen gesucht haben“, lautet die Antwort. „Wenn wir heute unser Produkt den Kunden zeigen, dann wollen es sieben von zehn selbst ausprobieren. Das Verhältnis hat sich umgekehrt. Wir erleben einen Wow-Effekt, der uns bestätigt, dass die Leute von der unerwarteten Einfachheit unserer Systeme begeistert sind.“