Connichi: Cosplay ist kein Karneval
Wow, das sieht ja echt toll aus!“, sagt die ausgesprochen freizügig bekleidete und überdies auch noch schwertschwingende Kitty Cat Katarina zur gerade ihren imposanten Fischschwanz ausbalancierenden Nami, selbige mit Verve nichts Geringeres als »Die Gezeitenruferin« verkörpernd. „Kann ich ein Foto mit Dir machen?“ Schon Sekunden später posieren die beiden für einen der unzähligen Schnappschüsse, die während der dreitägigen Connichi entstehen, jener Zusammenkunft von Anime- und Manga-Fans aus aller Welt, die seit 2003 alljährlich in Kassel veranstaltet wird. Was Marcela (19) und Franzi (20), wie die beiden Studentinnen im richtigen Leben heißen, hier mit viel Aufwand betreiben – diesmal stellen sie zwei Figuren aus dem Online-Computerspiel »League of Legends« dar – nennt sich »Cosplay« und hat mit Karneval rein gar nichts zu tun. Denn zufällige, beliebige Verkleidungen gibt es hier nicht, gefragt ist vielmehr die möglichst originalgetreue Verkörperung eines Anime-, Manga-, Computerspiel- oder Film-Charakters. „Es muss ein Fantasy-Bezug da sein und die dargestellte Figur darf weder wirklich gelebt haben noch selbst frei erfunden sein“, wie Anime-Fan Niels (16) erläutert. „Und zumindest ein paar authentische Posen sollte man schon beherrschen.“
Selbstgefertigtes zählt mehr
Mangas und Animes habe sie schon in ihrer Grundschulzeit gelesen und angeschaut, das Cosplay sei dann vor zwei Jahren dazugekommen, erzählt Vanessa (17), die sich dieses Mal als Asuna kostümiert hat, einer der Hauptcharaktere der höchst populären Anime-Serie »Sword Art Online«. Zu Vanessas Überraschung sind zu dieser Connichi gleich zehn Asunas angereist, und damit kann auch ein Gruppenfoto gemacht werden, „das es so wohl noch nicht gab.“ Beim Kostümierungsvergleich, der nicht ausbleiben kann, zählt Selbstgefertigtes indes mehr als Gekauftes. Etwa ihr Schwert, das, in der schnöden Plastik-Variante, im Handel 120 bis 200 Euro gekostet hätte, „oder aber man hat einen Kumpel – so wie ich – der einem das gleich richtig aus Holz anfertigt.“ Die entsprechende Anerkennung gibt es dann in Form von gemeinsamen Fotowünschen oder »Knuddeln«, wie auch Alina (16) freudig feststellen kann – ihre Darstellung der Yuno Gasai aus »Future Diary« ist demnach offenbar gelungen. Niels hat sich für die nächste Connichi einen Kostüm-Auftritt mit einer Figur aus »Defence of the Ancients« (DOTA) vorgenommen, einem komplizierten Echtzeit-Online-Strategiespiel. „Das haben wir jetzt innerhalb von zwei Jahren rund 1.500 Stunden gespielt und kennen alle 109 Helden in- und auswendig – einer von denen wird es werden!“