Seit meinem Berufsantritt 2005 erlebe ich als „Zugezogener“ diese Stadt – zu Beginn war ich eher unbeleckt, was Kassel anging – obwohl ich zuvor gar nicht weit weg in Göttingen wohnte. Die Verbindungen nach Kassel waren eher sporadisch und das damalige Hauptanziehungsziel war IKEA, was aber durchaus typisch für viele Göttinger war.
Umso überraschender war die Vielfalt vor allem der Kulturlandschaft – nicht nur der mir naheliegenden Museen, sondern auch die facettenreichen Veranstaltungen aller nur denkbarer Art. Hier dürfte Kassels Niveau in weitem Umkreis unerreicht sein, zumal sich von Jahr zu Jahr neue Ideen und Konzepte etablieren. Und das spricht sich auch mehr und mehr herum!
Für mich als naturliebenden Menschen ist ein besonderes Plus der unglaublich hohe Grünflächenanteil der Stadt. Dabei meine ich gar nicht einmal nur die großen Parks – neuerdings blühen auch auf Streifen zwischen den breiten Straßen bunte Wildblumen! Die Gartenbauer der Stadt treffen auf jeden Fall meinen Geschmack – und den der Museums-Bienen im Ottoneum, die dieses Jahr so gut gedeihen wie noch nie. Besonders staune ich über die wechselhafte Geschichte dieser alten Residenzstadt – auch wenn an manchen Stellen der letzte Krieg und sein Folgen baulich es nicht mehr ahnen lassen. Ich besitze ein Bild von 1944, das genau den Blick aus meinem jetzigen Büro als ausgebrannte Höhlung in der zerbombten Fassade des Ottoneums zeigt. Doch schon 1949 war wieder Richtfest, die Kasseler wollten trotz Hunger und Wohnungsnot nicht auf ihr Naturkundemuseum verzichten. Das beeindruckt mich bis heute – und verpflichtet, das Haus für die Bevölkerung auch weiterhin als Institution attraktiv zu halten.
Dr. Kai Füldner
Direktor Naturkundemuseum